Atomkraftwerk Fukushima: Wie geht es eigentlich den Rettungsarbeitern?

Seit dem verheerenden Erdbeben vom 11. März, und dem daraus resultierenden Tsunami, arbeiten über 400 Rettungskräfte auf dem Gelände des zerstörten Atomkraftwerkes Fukushima Daiichi und versuchen alles menschenmögliche, um eine weitere Eskalation (oder in diesem Fall eine Kernschmelze oder eine nukleare Explosion) vor Ort zu vermeiden. Sie arbeiten unter ständiger Bedrohung durch eine radioaktive Verstrahlung, schon zuvor hatte die japanische Regierung wohlwissend die maximale jährliche Belastung für AKW-Angestellte von 100 Millisivert auf 250 Millisievert angehoben.  Doch neben der radioaktiven Bedrohung leiden die Rettungskräfte an anderen Gefahren, die Zeitung Japan Times ist dieser Frage nachgegangen und hat hierzu einen Artikel verfasst, der an dieser Stelle wiedergegeben wird.

Dem Artikel zufolge drohen den Arbeitern schwerwiegende Folgen ihrer Tätigkeit, insbesondere die Gefahr schwerer Depression belastet den Gesundheitszustand der Arbeiter. Auch eine Überstrapazierung droht den Rettungskräften, die Zeitung sieht gar die Gefahr einer tödlichen Überarbeitung aufkommen, sagt selbst der anwesende und verantwortliche Arzt Takeshi Tanigawa in einem Interview. Die Arbeiter erlitten am eigenen Leib die Folgen des Erdbebens und des Tsunamis, ohne die Möglichkeit zu erhalten, die erlebten Geschehnisse zu verarbeiten, wurden sie direkt zur Eindämmung am AKW Fukushima abgezogen. Hier erlebten sie auch direkt die Wasserstoffexplosionen, welche die Reaktorblöcke 1 bis 3 massiv beschädigt haben.

Darüber hinaus machen sich die Arbeiter sehr wohl Gedanken über mögliche Langzeitwirkungen der ausgesetzten Strahlung. Am Ende eines Arbeitstages werden die Rettungskräfte in das zehn Kilometer entfernte AKW Fukushima II gebracht, dort werden sie weitestgehend dekontaminiert und die Strahlendosis wird gemessen. Anschließend können sie für wenige Stunden auf den Fluren des unbeschädigten AKWs  schlafen. Mindestens in einem Fall ist belegt, dass ein Arbeiter rund um die Uhr eingesetzt wurde.

Anfangs war auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln katastrophal, so konnten sie nur einmal am Tag essen. Inzwischen wurde die Versorgung verbessert, dennoch nehmen die Rettungskräfte nur Fertig-Mahlzeiten aus Dosen zu sich. Die normale Arbeitsdauer wird auf vier Tage festgelegt, anschließend haben sie zwei Tage frei. In dem Zeitraum der Arbeit können die Arbeiter nicht duschen oder baden, was die Stimmung weiter herunter setzt. Aber auch Hautkrankheiten/-irritationen treten auf, die Rettungskräfte schwitzen außerordentlich stark unter den Schutzanzügen. Derart unter Druck gebracht, können die Arbeiter sich auch nicht durch eine Wäsche erfrischen, dies beeinträchtige ihre Konzentration auch während der gefährlichen Arbeit.

In einem Interview mit 30 Arbeitern hat der Arzt Tanigawa auch festgestellt, dass die Arbeiter nicht nur einem psychischem Druck der Arbeit unterliegen, sondern darüber hinaus auch von Verwandten unter Druck gesetzt werden, sie mögen die Arbeit am havarierten AKW einstellen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Rettungskräfte auch Freunde und Verwandte haben, deren Gesundheit oder Besitztümer aufgrund des Tsunamis zerstört wurden. 80 % der Rettungskräfte wohnen eigentlich ihrerseits in der 20 Kilometer-Sperrzone. Zudem können die Rettungskräfte ihren eigenen Familien nicht beistehen. Die Rettungskräfte wurden zwangsverpflichtet, ihre Identität wird geheim gehalten. Sie haben keine Möglichkeiten Protest zu artikulieren.

Schon 50 Arbeiter leiden an gesundheitlichen Problemen, Bluthochdruck und Erkältungserscheinungen wurden bislang diagnostiziert. Über die Strahlenkrankheit sprach der Arzt nicht, obschon mindestens zwei Mitarbeiter einer Drittfirma aufgrund fehlender Schutzbekleidung ins Krankenhaus mussten. Tanigawa fordert zur Entlastung der Arbeiter die Einbeziehung aller Kraftwerksangestellten, auch aus anderen AKWs. Nur so könne die Belastung gemindert werden. Die Arbeiten am AKW Fukushima werden laut Aussage von Tepco mindestens sechs bis neun Monate andauern. Die Arbeiter sind, ob gewollt oder nicht, Helden, sie riskieren ihre eigene Gesundheit um die Lage am AKW Fukushima nicht weiter eskalieren zu lassen.

1 Comment
  1. Reply
    Barbara 20. April 2011 at 19:50

    Was diese Menschen gerade durchmachen macht mich traurig und wütend zugleich. Traurig, weil man einerseits dankbar sein kann, dass diese Männer, unter Einsatz ihres Lebens, versuchen den Reaktor unter Kontrolle zu bringen und man andererseits nichts hat als eine sehr große Wertschätzung für sie. Nichts auf dieser Welt wird ihnen ihr Leben zurückgeben können.
    Wütend auf eine Maschinerie die Menschen massenweise tötet ohne, dass die Betreiber von AKW´s jemals zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist gesetzlich verbriefter Völkermord. Wütend weil man bewusst das Töten von Menschen in Kauf nimmt um sich an diesen mörderischen Reaktoren dumm und dämlich zu verdienen. Kernkraftwerke zu betreiben heißt, sie arbeiten mit der Technik von morgen, und dem Wissen von gestern.
    Tausende von Menschen sind obdachlos geworden und ob sie jemals, für das was sie verloren haben, angemessen entschädigt werden, ist fraglich.
    Ich frage mich warum man nicht die Erbauer und Betreiber der AKw´s nach Fukushima schickt, damit sie, die doch so hoch intelligent sind, das reparieren, was sie zur “ friedlichen“ Nutzung eingesetzt haben. Wir schauen auch ganz friedlich zu…

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