Zentralrat der Juden warnt vor "Kulturdiktatur" durch "Leitkultur"

Der Zentralrat der Juden in Deutschland wendet sich gegen die Verwendung von Begriffen wie „Leitkultur“ und „christlich-jüdische Tradition“. „Von „Leitkultur“ zur „Kulturdiktatur“ ist es nur ein kleiner Schritt“, sagte Zentalrats-Vizepräsident Salomon Korn der Online-Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“. „Kulturen, die keine Einflüsse mehr von außen zulassen, erstarren.“

Als Beispiele nannte Korn das „Dritte Reich“, die Sowjetunion und die DDR. Zudem kritisierte Korn Politiker, die von „christlich-jüdischen Wurzeln des Abendlandes“ sprechen. Das sei so, als ob man die Juden in eine gemeinsame Front gegen die Muslime einbinden müsste, sagte der 67-jährige. In der Islam-Debatte verwenden Politiker beide Formulierungen immer wieder, um sich von Muslimen abzugrenzen. In den Grundsatzprogrammen der Union sind Bekenntnisse zur „Leitkultur“ enthalten. Korn widersprach in dem Interview auch Thesen des ehemaligen Bundesbankers Thilo Sarrazin zu erblicher Intelligenz. Dessen Weltbild sei „stark vereinfacht – und damit auch gefährlich“, sagte Korn. Die Mehrheit der Migranten habe sich gut integriert. Der Zentralrats-Vizepräsident verglich indirekt die Islamfeindlichkeit mit dem Antisemitismus in der Vergangenheit. „Wer keine gefestigte Persönlichkeit besitzt, sucht Menschen, auf die er hinabschauen kann. Früher waren das vor allem die Juden“, so Korn. Heute würden im Fall Sarrazin ähnliche Mechanismen greifen: „Hier wir Deutsche, dort die Muslime.“ Dies sei eine Abgrenzung vom „Fremden“, durch die man die eigene Identität zu stärken versuche. Mit Blick auf den Holocaust-Gedenktag am Donnerstag erklärte Korn, dass der Normalisierungsprozess zwischen Juden und Nichtjuden in Deutschland noch lange andauern werde. Korn sprach von mindestens vier Generationen. „Das Trauma eines nie da gewesenen Geschehens wie das der nationalsozialistischen Judenvernichtung ist nicht schneller zu bewältigen.“ Der Holocaust-Gedenktag wird jedes Jahr am 27. Januar begangen. Er erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 27.01.2011 um 01:03 Uhr mit den Stichworten DEU, Gesellschaft, Religion übertragen.

1 Comment
  1. Reply
    Dr. Gundolf Fuchs 29. Januar 2011 at 19:25

    1. Was sagte Herr Korn denn zu Ralph Giordano? Der sieht das Jüdischsein und jüdiche Interessen doch durch den Islam sehr bedroht.
    2. Herr Korn sollte als Jude doch wissen, daß Vermischung nicht gut ist. Oder glaubt er, Nichtjuden etwas anderes erzählen zu müssen. Die Ablehnung von Vermischung darf nicht mit Minderbewertung der Vertreter anderer Völker gleichgesetzt werden!!
    3. Judenhaß und Judenverfolgung werden erst überwunden, wenn die Verursacher erkannt sind. Es wird ja viel von Schreibtischtätern gesprochen. Rabbiner Ovadia Yosef, der allen Nichtjuden nur ein Dienerdasein zuspricht, wäre dazu zu zählen und auch die Geldgeber Hitlers, sowie die Politiker, die mit dem Versailler Diktat den Boden für die Verelendung Deutschlands bereiteten, auf dem Hitler und der NS bei den Deutschen Vertrauen gewinnen konnten.
    Elke und Gundolf Fuchs

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