Der Mitinitiator der Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe, Dieter Lehmkuhl, begrüßt die Entscheidung von rund 40 US-Milliardären, mindestens die Hälfte ihres Vermögens zu spenden. Die Entscheidung sei jedoch im Kontext eines gering ausgeprägten US-amerikanischen Sozialstaats zu sehen. In Deutschland müsse es eine steuerliche Regelung geben, sagte Lehmkuhl der Frankfurter Rundschau (Freitagausgabe), freiwillige Spenden alleine reichten nicht aus.
„Wer spendet oder stiftet, genießt Steuervorteile“, erläuterte der Psychiater weiter. „Er entzieht dem Staat Steuermittel und verteilt sein Vermögen ohne demokratische Kontrolle.“ So könne ein Millionär oder Milliardär mit seinem Geld Einfluss auf soziale oder kulturelle Projekte nehmen und sie „nach Gutsherrenart steuern und gewinnt dadurch nicht demokratisch legitimierte gesellschaftliche Gestaltungsmacht“. Seit der Appell deutscher Vermögender im vergangenen Jahr als Zeitungsanzeige erschien, haben bereits 48 gut betuchte Bürger unterschrieben. Sie fordern von der Politik, sie durch eine Vermögensabgabe stärker zu belasten, um die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu bewältigen und die soziale Ungleichheit zu verringern. Der Reichtums- und Vermögensforscher Wolfgang Lauterbach sagte der FR, dass unter Deutschlands Reichen „der Anteil derjenigen, die sich engagieren, sehr hoch“ sei. Hedonisten, die ihr Geld nur zum eigenen Vergnügen verprassten, seien äußerst selten. Es gebe eine „wachsende Klientel, die der Gesellschaft etwas zurückgeben wolle“. Häufig sei dies auf religiöse Motive, ein hohes Verantwortungsgefühl gegenüber der Gesellschaft oder den Glauben an eine gerechte Welt zurückzuführen. Das Stereotyp der „Reichen mit Perlenkette, die an der Costa Smeralda einen Cocktail für 50 Euro schlürft“ sei laut Lauterbach hingegen nicht haltbar. Vielmehr lebe der Großteil der Reichen in Deutschland eher zurückgezogen, der Reichtum sei ihnen nicht auf Anhieb anzusehen. Mehr als die Hälfte hätten sich ihr Vermögen erarbeitet, ein knappes Drittel sei durch Erbschaften reich geworden. Gewinne aus Immobilien- und Börsengeschäften spielten mit rund acht Prozent eine eher geringe Rolle. Auch Aufstiegsheiraten seien selten. Das Spektrum der Reichen „vom Günther-Jauch-Millionär bis zum superreichen Milliardär“ sei riesig, so Lauterbach in der FR. Letztere lebten im Gegensatz zu einfachen Millionären „praktisch losgelöst vom Lebensnotwendigen“. Landläufig gelte der Richtwert, dass Menschen mit einem Vermögen von etwa 200 Prozent gegenüber dem Durchschnittseinkommen als wohlhabend gelten, ab 300 Prozent als reich.
Diese Meldung der dts Nachrichtenagentur aus Frankfurt/Main wurde am 06.08.2010 um 01:00 Uhr mit den Stichworten DEU, Steuern, Gesellschaft übertragen.