Das Auswärtige Amt hat offenbar maßgeblich an der Ermordung der europäischen Juden während des Zweiten Weltkriegs mitgewirkt. Zu diesem Ergebnis kommt eine international besetzte Historikerkommission, die im Jahr 2005 vom damaligen Außenminister Joschka Fischer (Grüne) im eigenen Haus beauftragt worden war, die Geschichte des Ministeriums während des „Dritten Reichs“ und dessen Umgang mit der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik zu erforschen. „Das Auswärtige Amt war eine verbrecherische Organisation“, sagte der Kommissionsleiter, der Marburger Historiker Eckart Conze gegenüber dem „Spiegel“.
„Es funktionierte als Institution des nationalsozialistischen Regimes vom ersten Tag an und hat die nationalsozialistische Gewaltpolitik zu jeder Zeit mitgetragen.“ Nach 1945 habe das Amt eine „hohe personelle Kontinuität mit teils schwer belasteten Diplomaten“ aufgewiesen. Die Studie soll kommende Woche in Berlin vorgestellt werden. „Das ist der Nachruf, den die Herren verdienen“, sagte Fischer im Hinblick auf die damalige Auseinandersetzung mit ehemaligen Diplomaten. Sein Nachfolger, der derzeitige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, findet es „unglaublich“, dass bis zu einer systematischen Aufarbeitung fast 60 Jahre vergangen seien. Amtsinhaber Guido Westerwelle hält die Studie für ein „gewichtiges Werk“ und einen bedeutenden „Beitrag zur Selbstvergewisserung des Amts“.
Diese Meldung aus Berlin wurde am 23.10.2010 um 13:02 Uhr mit den Stichworten DEU, Gesellschaft, Parteien, Kriminalität übertragen.