Politiker von Union und FDP gegen Tabak und Alkohol im Hartz-IV-Satz

Bonitätsprüfungen an der Kasse sind offenbar ein in der gesamten EC-System-Industrie verbreitetes Verfahren. Neben dem deutschen Marktführer Easycash bietet nach Informationen der Frankfurter Rundschau (Freitagausgabe) auch die Nummer zwei der Branche, Telecash, eine ähnliche Datenbanknutzung an. Sie erlaubt, die Karten an der Kasse sofort zu prüfen.

Durch die Abfrage wird festgelegt, ob eine Bezahlung per Unterschrift erlaubt wird. Die Existenz einer derartigen Datenbank und einer Positivliste bestätigte das Unternehmen der Frankfurter Rundschau. Bei einem weiteren Anbieter, Intercard, wird das Verfahren sogar offen beworben. Intercard schreibt nach Informationen der FR über das Verfahren IC Vario: „Jeder Umsatz wird zunächst über das günstige unterschriftenbasierte POZ Plus-Verfahren autorisiert. Nur bei erkannten Risiken wird automatisch auf das PIN-basierte electronic-cash-Verfahren umgeschaltet, um gegebenenfalls die Zahlung durch Anfrage bei der Bank des Kunden absichern zu lassen.“ Bei Intercard heißt es weiter, dass 75 Prozent aller in Deutschland im Handel eingesetzten Karten in einer sogenannten White-List des Unternehmens geführt würden. Darin werden offenbar Daten über Häufigkeit des Karteneinsatzes und eingesetzte Summen ausgewertet. Daraus kann ein grober Rückschluss auf die Bonität gezogen werden. Der Datenschutzbeauftragte Schleswig-Holsteins, Thilo Weichert, sagte der Frankfurter Rundschau: „Das ist eindeutig rechtswidrig. Kontodaten und genaue Infos über Einkäufe sind ganz klar personenbezogene Daten, die nicht auf diese Art verwendet werden dürfen. Hier wird offenbar eine illegale Bonitätsauskunftei betrieben. Für mich ist das ein neuer Datenschutzskandal.“Wenige Tage vor Bekanntgabe des neuen Hartz-IV-Regelsatzes fordern Politiker von Union und FDP, Tabak und Alkohol aus der Berechnung herauszunehmen. In der „Bild-Zeitung“ (Freitagausgabe) stellte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftsexperte Andreas Lämmel klar: „Alkohol und Tabak sind keine Lebensmittel, die ein Mensch wirklich braucht. Deshalb kann und darf es nicht sein, dass die Allgemeinheit für Sucht- und Genussmittel der Hartz-IV-Empfänger aufkommen soll.“ Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, erklärte: „Es kann und darf wirklich nicht die Aufgabe des Steuerzahlers sein, den Verzehr von Alkohol und Zigaretten zu finanzieren.“ Im aktuellen Hartz-IV-Regelsatz von 359 Euro sind derzeit 11,58 Euro für Tabakwaren und 7,52 Euro für Alkohol vorgesehen. Auch von Seiten der FDP gibt es Forderungen, Ausgaben für Zigaretten und alkoholische Getränke aus der Berechnung des neuen Hartz-IV-Satzes herauszunehmen. Der Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftsexperte der Liberalen, Martin Lindner, sagte der „Bild-Zeitung“: „Wir sind bei den Sozialleistungen am absolut oberen Anschlag. Wenn wir bei den Bildungsleistungen für Kinder drauflegen wollen, muss bei anderen Posten gekürzt werden. Dies kann zum Beispiel bei Alkoholika und Zigaretten sein.“ Der CSU-Sozialexperte Max Straubinger erklärte: „Bei der Neuberechnung von Hartz IV geht es um den Grundbedarf, den ein Mensch zum Leben braucht. Da muss die Frage erlaubt sein, ob Alkohol und Tabak tatsächlich dazugehören.“ Wie die „Bild-Zeitung“ weiter schreibt, wird die Anhebung des Regelsatzes wohl niedriger ausfallen als von vielen erwartet. Der Satz werde wahrscheinlich um rund zehn Euro auf rund 370 Euro pro Monat steigen, heißt es unter Berufung auf Koalitionskreise.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 24.09.2010 um 01:42 Uhr mit den Stichworten DEU, Arbeitsmarkt übertragen.

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