Loveparade-Veranstalter rechnete mit nur 250.000 Leuten auf dem Gelände

Die Firma des Loveparade-Veranstalters Rainer Schaller, Lopavent, hat zwei Wochen vor der Katastrophe von Duisburg das Ordnungsamt der Stadt davon zu überzeugen versucht, dass zu keinem Zeitpunkt „in der Spitze mehr als ca. 250 000 Personen gleichzeitig auf dem Gelände“ der Loveparade sein würden. Natürlich könnten sich aus vorhandenen „lokalen Besucherkonzentrationen“ immer gefährliche Situationen ergeben, heißt es in einem 34-seitigen „streng vertraulichen“ Schreiben der Veranstalterfirma Lopavent an das Ordnungsamt der Stadt Duisburg vom 8. Juli, aus der die „Frankfurter Rundschau“ (Dienstagausgabe) zitiert. Darin heißt es, aus dem „Verhältnis zwischen Besucherzahl und zur Verfügung stehenden Flächen“ gehe klar hervor: „In der zur Verfügung stehenden Zeit können schlicht nicht so viele Personen nach Duisburg kommen, dass es hier zu absolut gefährlichen Zuständen kommt“.

Das vertrauliche Papier über die zu erwartenden Besucherströme und -bewegungen erweckt laut der Zeitung den Eindruck, dass Lopavent in der Lage war, Druck auf die Stadt Duisburg auszuüben. So räumen die Veranstalter ein, dass die Besucherzahlen der Loveparade-Veranstaltungen in Essen und Dortmund „für mediale Zwecke“ maßlos übertrieben waren. Man habe stets „einen dreifachen Austausch der Besucher“ zugrunde gelegt, sprich die Zahlen verdreifacht. Das Papier empfiehlt der Stadt, sich am Betrug an der Öffentlichkeit zu beteiligen und die echten Zahlen nicht zu publizieren. Autor des Geheimpapiers ist der aus Soest stammende Projektmanager Stephan S., 33, der im Vorfeld der Loveparade medial als „Produktionsleiter“ des Umzugs auftrat. S., der freiberuflich als Projektleiter für die Ruhr 2010 GmbH arbeitete, war auch der operative Vertreter des Loveparade-Veranstalters und Fitnesskettenbesitzers Rainer Schaller in Berlin 2006, Essen 2007 und Dortmund 2008. Er ist letztlich für die Sicherheitskonzepte zuständig. In einem Profil für das Internetportal Xing gibt S. zwar seine Tätigkeit für die Ruhr 2010 GmbH an, nicht aber für die Loveparade. Der Duisburger Umzug war zwar stets als Programmpunkt für „Ruhr 2010“ geplant, aber von institutioneller Verknüpfung war bislang nie die Rede. Der Berliner Loveparade-Veteran Ralf Lipus kennt S. von früher und sagt: „Es sieht so aus, als ob Rainer Schaller seine Leute direkt bei Ruhr 2010 sitzen hatte. Diese Konstruktion muss meiner Ansicht nach zu Interessenkonflikten führen.“

Diese Meldung der dts Nachrichtenagentur aus Duisburg wurde am 03.08.2010 um 01:00 Uhr mit den Stichworten DEU, Unglücke, Musik, Loveparade übertragen.

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