Kritik von Opposition und Juden-Zentralrat an Plan für bundesweiten Vertriebenen-Gedenktag

Pläne der Koalition für einen bundesweiten Gedenktag für die Opfer von Vertreibung stoßen auf massiven Widerstand der Opposition und des Zentralrates der Juden. Es handele sich um ein „fatal falsches Signal“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe). Union und FDP müssten „sich von diesem unsinnigen Vorhaben schnellstens verabschieden“.

Der Bundestag berät an diesem Donnerstag über einen Antrag von CDU/CSU und FDP, der einen Gedenktag für Vertriebene am 5. August befürwortet. Am 5. August 1950 hatten die Landsmannschaften die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ verabschiedet und darin den Verzicht auf „Rache und Vergeltung“ gelobt. „Es ist nicht ein Anflug von historischer und politisch-moralischer Distanz zu dieser Charta der Vertriebenen zu erkennen. Das ist unerhört“, kritisierte Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) die Koalition. Die Charta lese sich, als habe es Holocaust und Millionen Kriegstote nicht gegeben. Vielmehr bezeichneten sich die Vertriebenen als die „vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen“. Die Linken-Abgeordneten Luc Jochimsen sagte: „Die Charta, mit verfasst und unterzeichnet von SS- und SA-Funktionären sowie einem Beteiligten an dem Holocaust der ungarischen Juden, kann niemals – wie im Antrag der Koalition – als Gründungsdokument der Bundesrepublik bezeichnet werden.“ Vor der „katastrophalen Außenwirkung“ eines Gedenktages anlässlich der Vertriebenencharta warnte Stephan Kramer, der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland. „Man könnte auf die Idee kommen, das revanchistisch zu nennen“, sagte er. In ihrem Antrag erwähnen Union und FDP ausdrücklich den „unauflösbaren Zusammenhang“ zwischen Vertreibung und deutscher Kriegsschuld, bezeichnen es aber als „überfällig, die Stigmatisierung der Opfer von Flucht und Vertreibung sowie deren Nachkommen zu beenden“.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 10.02.2011 um 01:00 Uhr mit den Stichworten DEU, Parteien, Gesellschaft übertragen.

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