Justizministerium plädiert für knappe Laufzeitverlängerung

Im Streit um die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken verschärfen sich die Fronten durch eine Stellungnahme des Bundesjustizministeriums (BMJ). Die Verfassungsrechtler von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gehen davon aus, dass die Laufzeiten ohne Beteiligung des Bundesrats nur um zwei Jahre und vier Monate verlängert werden dürfen, berichtet der „Spiegel“. Weite Teile der Union und die großen Stromkonzerne möchten dagegen eine Laufzeitverlängerung von mehr als 15 Jahren durchsetzen.

Im Mittelpunkt des Streits steht die Frage, welche längere Laufzeit verfassungsrechtlich unangreifbar ist, ohne dass der Bundesrat zustimmen muss. Als eine „moderate“ Verlängerung gilt generell ein Drittel der bisher geplanten Leistung. Die Expertise aus dem Justizministerium orientiert sich aber nicht an der gesamten Laufzeit der Anlagen, sondern an der Reststrommenge, die deutsche Atomkraftwerke noch produzieren dürfen. Verteilt auf die insgesamt 17 deutschen Kernmeiler entspräche dies einer durchschnittlichen Laufzeit von sieben Jahren. Ein Drittel davon sei eine „moderate Verlängerung“, argumentiert das BMJ. Das entspräche zwei Jahren und vier Monaten. Damit stellen sich die Juristen auch gegen eine Bewertung des Bundesinnenministeriums (BMI). Die Verfassungsrechtler des BMI gehen von maximal zehn Jahren aus. Sowohl das BMI als auch das BMJ empfehlen, generell eher zurückhaltend aufzutreten, um verfassungsrechlichte Probleme und einen Konflikt mit dem Bundesrat zu vermeiden. Die schwarz-gelbe Koalition hat im Bundesrat derzeit keine Mehrheit, die sozialdemokratisch geführten Länder haben bereits ihren Widerstand angekündigt. Zurzeit stimmen das Justiz- und das Innenministerium ihre Einschätzung noch ab; beide Häuser haben angekündigt, sich auf eine Linie einigen zu wollen. Im Konflikt mit der eigenen Partei stützen beide Gutachten die Zurückhaltung von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) gegenüber einer deutlichen Verlängerung der Atomlaufzeiten.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 21.08.2010 um 11:22 Uhr mit den Stichworten DEU, Parteien, Energie übertragen.

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