Ex-Bundeswirtschaftsminister Glos kritisiert deutschen Politikbetrieb

Der frühere Bundeswirtschaftsminister und langjährige CSU-Landesgruppenchef Michael Glos geht scharf mit dem deutschen Politikbetrieb ins Gericht. „Es dreht sich heute viel zu viel um die Show“, sagte Glos dem Nachrichten-Magazin „Spiegel“. „Als ich in der Politik anfing, gab es zwei Fernsehanstalten. Es wurde weniger diskutiert, ob jetzt einer einen gestreiften oder einfarbigen Anzug trug. Ob die Krawatte zum Anzug gepasst hat. Mein Ehrgeiz war es nie, Krawattenmann des Jahres zu werden.“

In einem Gespräch über seine lange politische Karriere kritisierte Glos auch die gestiegene Zahl von reinen Berufspolitikern im Bundestag. „Es gibt zu viele Karrieristen, die sich selbst zu wichtig nehmen“, sagte er. „Jeder ist sich selbst der Nächste. Alle sind Konkurrenten. Jeder möchte ein Stückchen weiterkommen. Das alles macht einsam.“ Ein Abgeordnetenleben in der Hauptstadt sei „ein permanenter Ausnahmezustand“, sagte der CSU-Politiker, der seit 35 Jahren dem Bundestag angehört. Die Versuchungen seien vielfältig. „Ich habe Kolleginnen und Kollegen durch den Alkohol sterben sehen. Das hat auch etwas mit der Einsamkeit des Politikers zu tun.“ Er habe „tragische Schicksale erlebt, bis hin zum Freitod“. Freimütig gestand Glos ein, dass er von seiner Berufung zum Wirtschaftsminister im Herbst 2005 überrumpelt worden und für die Aufgabe nicht vorbereitet gewesen sei: „Ich wusste damals nicht mal, wo dieses Wirtschaftsministerium genau stand. Ich habe sogar in der Nähe gewohnt, aber es hat mich nie interessiert. Ich hatte kaum eine Ahnung davon, was die Aufgaben dieses Ministeriums sind, um was es sich alles zu kümmern hat.“

Diese Meldung aus Berlin wurde am 19.02.2011 um 11:59 Uhr mit den Stichworten DEU, Parteien übertragen.

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