Gysi: "Der Zeitgeist ist rebellischer geworden"

Nach einer Phase der Selbstbeschäftigung und Passivität in der Linkspartei, die Fraktionschef Gregor Gysi offen angeprangert hatte, forderte er die Doppelspitze zu neuen politischen Initiativen auf. „Die neue Aufgabe besteht darin, zum Motor für eine demokratischere Entwicklung zu werden“, sagte Gysi im Interview der „Stuttgarter Zeitung“ (Montagausgabe). Das sei nicht leicht zu lösen.

„Wir waren bisher vor allem mit zwei Themen in der Öffentlichkeit: Frieden und soziale Gerechtigkeit“, erläuterte er. Die Sozialthemen erwiesen sich aber als weniger mobilisierungsfähig. „Der heiße Herbst ist nicht ganz so heiß geworden“, so Gysi. Mit Stuttgart 21 rücke die Demokratiefrage ins Blickfeld. „Von uns müssen Initiativen für mehr Demokratie ausgehen“, ermahnte er die beiden Vorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. „Nun müssen wir vorlegen und damit 2011 für uns sieben tolle Landtagswahlen hinkriegen.“ Das Neue an Stuttgart 21 sei der Mentalitätswechsel. Dass Menschen aller Schichten, auch aus dem Bürgertum, ein Projekt ablehnen, „wäre vor zehn Jahren nicht passiert“, sagte Gysi. „Der Zeitgeist ist rebellischer geworden.“ Deshalb habe Stuttgart 21 eines deutlich gemacht: „Die Zeit ist so was von reif für Volksentscheide auch auf Bundesebene, dass die Regierung einen riesigen Fehler begeht, wenn sie jetzt nicht den Weg dafür eröffnet.“ Die Demokratie müsse attraktiver gemacht werden, um sie nicht zu gefährden. Für die Landtagswahl am 27. März 2011 in Baden-Württemberg sagte Gysi voraus, dass es ohne die Linke „hier keine Möglichkeit zum Regierungswechsel geben“ werde. Ein solcher Machtwechsel wäre für Baden-Württemberg „eine Zeitenwende“, so Gysi.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 12.12.2010 um 19:34 Uhr mit den Stichworten DEU, Parteien, Gesellschaft, Wahlen übertragen.

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