Experte: Deutsche Afghanistan-Politik völlig unzulänglich

Der international anerkannte Afghanistan-Experte Ahmed Rashid hat der deutschen Regierung schwere Versäumnisse in ihrer Politik am Hindukusch vorgeworfen. „Deutschland verfolgt eine Politik der Selbstverteidigung. Aber Selbstverteidigung verpflichtet auch dazu, die Menschen zu verteidigen, für die man Verantwortung trägt. Die Deutschen haben diesen Anforderungen nicht ausreichend entsprochen. Jede Drohung der Taliban stößt die Deutschen tiefer in eine Art Bunkermentalität“, sagte Rashid der „Welt“ (Donnerstagausgabe).

Deutsches Geld, deutsche Entwicklungsarbeit und ein, wenn auch sehr bescheidener, Erfolg bei der Polizeiausbildung seien zu verbuchen. „Aber in den vergangenen beiden Jahren beobachten wir Zerstörung und Verfall in den nordafghanischen Provinzen, in dem Bereich also, für den Deutschland verantwortlich ist. Das wäre nicht nötig gewesen, wenn die Deutschen von Anfang an die richtige Politik verfolgt hätten. Es fehlte eine militärische Vision“, so der Experte. „Wir müssen die Deutschen nicht töten, wir müssen ihnen nur ein wenig Angst machen, dann weichen sie zurück“, dies hätten die Taliban schnell begriffen. Rashid macht für diese Misere nicht das Militär, sondern die deutschen Politiker verantwortlich. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe zu lange alles unter den Teppich gekehrt. Der Einsatz in Afghanistan sei der Bevölkerung niemals hinreichend erklärt worden. Ein Dialog mit den Taliban sei definitiv möglich, aber die Taliban-Führung wolle direkt mit den USA reden, nicht nur mit der afghanischen Regierung von Präsident Hamid Karsai. Grundsätzlich seien die Taliban pragmatische Menschen.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 16.09.2010 um 06:00 Uhr mit den Stichworten DEU, Afghanistan, Weltpolitik, Militär, Terrorismus, Gewalt übertragen.

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