Ex-Präsident des Zentralkomitees sieht "grundsätzliche Mängel" in der katholischen Kirche

Der ehemalige Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, hat die katholische Kirche gemahnt, die Krise zu nutzen und „grundsätzliche Mängel“ abzustellen. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau (Mittwochausgabe) sagte Mayer: „Bei der Besetzung leitender Ämter herrschen Undurchschaubarkeit und Willkür, ob in den Bistümern oder in Rom.“ Die Geschehnisse in Augsburg im Fall Walter Mixa „zeigen überdeutlich, dass Reformen überfällig sind, und zwar Reformen, die sich aus dem Selbstbild, das die Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil von sich gezeichnet hat, zwingend ergeben“, sagte der CDU-Politiker, der von 1990 bis 2002 Staatsminister für Wissenschaft und Kunst in Sachsen war.

„Und das immer schon falsche Argument, es komme in der Kirche allein auf den Glauben an, Strukturfragen seien höchst nebensächlich, hat sich jetzt endgültig erledigt.“ Meyer forderte insbesondere, dass die „Laien an der Auswahl der Bischöfe beteiligt werden müssen. Ein Bischof braucht das Vertrauen des Kirchenvolkes vor Ort in gleicher Weise wie das Vertrauen Roms und des Bischofskollegiums.“ Zu zwingenden weiteren Reformen zählt der 73-jährige Sprachwissenschaftler auch das Zölibat. „Die Zölibatsverpflichtung für alle Geistlichen muss fallen“, forderte Meyer. „Es ist doch unübersehbar, dass die Kirche an diesem Kirchengesetz zugrunde zu gehen droht, weil sie ihren pastoralen Aufgaben gar nicht mehr nachkommen kann. Offenkundig zielt der Pflichtzölibat auf Menschen, die eine bestimmte Einstellung zur Sexualität haben. Ich will nicht missverstanden werden: Es gibt das große Ideal von der `Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen`. Aber schon Jesus hat dazu gesagt: `Wer es fassen kann, der fasse es.` Daraus lässt sich keine allgemeinverbindliche Norm machen.“ Ebenso müsse die Frauenfrage in der katholischen Kirche diskutiert werden, mahnt Meyer in der FR. „Die jetzige Stellung der Frauen mit dem Ausschluss von den geistlichen Ämtern ist weder überzeugend noch befriedigend. Mit Gesprächsverboten geht die Kirchenleitung genau den falschen Weg. Das Problem lässt sich nicht verbuddeln. Es kommt immer wieder an die Oberfläche.“

Diese Meldung der dts Nachrichtenagentur aus Frankfurt am Main wurde am 23.06.2010 um 01:00 Uhr mit den Stichworten DEU, Italien, Religion, Gesellschaft übertragen.

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