Steinbach, Sarrazin und andere: Ein nicht nur polenfeindliches Affentheater

Ein Beitrag von Grzegorz Wasiluk, freier Journalist aus Polen:


Ergreift der Chauvinismus Deutschland? Was ist in ein paar Personen gefahren, die eine Leuchte des politischen Lebens unserer westlichen Nachbarn sind, die da Behauptungen zu verkünden begonnen haben, welche man als rassistische oder Hitler weißwaschend erklären kann ? Wie üblich in derartigen Fällen soll man nach Antworten in den inneren Angelegenheiten des Staates suchen, auf welchen die Frage sich bezieht. Die Wirtschaftslage der Bundesrepublik ist nicht gut, und sie kann noch schlechter werden. Der allerneueste Plan der Einschnitte in Staatsausgaben bedeutet eine weitere Verschlimmerung der Lage des kleinen Mannes in Deutschland, welche sowieso kaum auszustehen ist, insbesondere was dauerhaft erwerbslose Personen anbetrifft. Losungen der überspitzten Rechte und der äußersten Linken sind immer mehr im Volk beliebt, und das Alleinrecht auf die Macht sog. bürgerlicher Parteien fängt an zu bröckeln. Politiker dieser Parteien haben ein Spiel mit Vorurteilen begonnen. Es geht sie scheinbar nichts an, dass es ein Spiel mit Feuer ist.

Der Nationalismus, ebenso wie der Sozialismus, ist bereits seit eh und je in zwei Richtungen gespalten. Die Sozialisten, die vorerst als Demokraten handelten, haben die Sozialdemokratie begründet. Nationalisten, vor allem Christen oder Konservativen, haben Bewegungen ins Leben gerufen, die sich an den christlichen Nationalismus lehnen. Der christliche Nationalismus, oder anders anders genannt, der positive Nationalismus heißt: morde nicht, stiehl nicht , du sollst nicht falsch gegen deine Nächsten aussagen. Die Sozialdemokratie und der positive Nationalismus finden, dass weder der Klassenkampf für die Befreiung des Menschen aus Not und Elend, noch der Kampf für das Vaterland als auch die Tätigkeit zugunsten des eigenen Volkes niemandem das Recht auf andere Leute ihrer Würde zu berauben gibt, noch Wehrlose zu töten oder Schandtaten zu begehen. Über die Arbeiterklasse und über das eigene Volk stellen sie das moralische Gesetz. Deutschland ist das Vaterland der Sozialdemokratie, aber der positive Nationalismus hat dort keine Wurzeln geschlagen.

Die Vorahnung des Dichters und Sehers Richard Wagner zitierend, dass wenn die deutsche Vaterlandsliebe auf dem Prügel anderer Völker ohne Maß und Gnade baut; wenn Überfluss am Patriotismus (d. h. ein Chauvinismus) den Bürger erfülle, vermag nur die Religion ihn zur eigentlichen Menschenwürde führen, konnten keinen Widerhall finden. „Das Volk der Dichter und Philosophen” hat bereits zu seiner Lebenszeit  angefangen, Kriege hervorzurufen und sie ohne moralische Hemmungen begonnen zu führen. Ohne Folgen für heute ist dies nicht geblieben. Eine Zeitlang die programmatische Lehrstoffe der NPD zu lesen wird genügen, um ins Klare zu kommen, dass gleichfalls der zeitgenössische deutsche Nationalismus sich auf solche Begriffe stützt wie Blut und Erde (was z. B. die Integration der Deutschen mit Menschen aus anderen Länder und gleichfalls den Verzicht auf ehemalige deutsche Ostgebiete ausschließt). Die Religion (oder das moralische Gesetz) kann nach dem Denkvorgang bestenfalls ungern geduldet werden, weil sie den deutschen nationalen Zwecken im Wege stehe. Es ist bedauernswert, und unter manchen Umständen kann diese Haltung ungewöhnlich gefährlich für Europa und die Welt werden.

Thilo Sarrazin – ein Türkenhammer

Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen… „Der Verlag druckt wie verrückt, doch die Nachfrage übersteigt alle Erwartungen.“ – hat die Reaktion der deutschen Gesellschaft auf dieses Buch von deutschen Zeitungsschreibern summiert. „Auf der Auktionsplatform Ebay überbieten sich die Nutzer. Ein Gebot ist gar auf 74 Euro geschossen” – berichtete er weiter, zugleich seine Abscheu und Empörungen nicht verbergend. Mit seinem Fazit – „viel Geld für eine billige Polemik” – werde ich jedoch nicht übereinstimmen. Eine Anfertigung der Schilderungen unter der Losung: „Deutschland in 100 Jahren” kann man allerdings als einen billigen Pfiff erklären, aber der Rest ist todernst. Der Verfasser schreibt Prognosen der Demographen ab, berücksichtigt eine ganze Reihe der wirtschaftlichen Angaben (unter Beachtung seines Lebenslaufes) und sagt, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland um das Jahr 2020 ausläuft. Infolgedessen darf er behaupten, man wird schon die gesellschaftliche und wirtschaftliche Probleme Deutschlands Dank der Aufteilung einer zunehmenden Anzahl der Sachgüter nicht lösen können, „sondern nur noch durch Umverteilung (S. 37)”. Dies allein erklärt vollständig das große Interesse an diesem Buch, aber das ist nicht das Ende.

Das Lösen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten durch Umverteilung schon bestehender Bestände werde nicht reibungslos stattfinden. Ganz im Gegenteil. Bereits zurzeit tritt in Deutschland mehr und mehr Kinder ins Leben in den Umgebungen mit unterdurchschnittlicher Ausbildung und Intelligenz, während in den übrigen (es ist leicht zu erraten, die besser ausgebildeten, fähig besser seine Kinder zu erziehen) Sozialschichten es immer weniger Nachwuchs gibt. Die Änderung dieser Lage werde praktisch unmöglich, denn „Nicht die materielle, sondern die geistige und moralische Armut ist das Problem.” (s. 123). Schon jetzt finde eine Verfestigung der Unterschicht statt. In Zukunft werde es nur schlimmer. Notwendig sei eine eindringliche Wiederherstellung der Ordnung und Arbeitseffektivität, bevor es zu spät werde. Arbeitslose Erwachsene sollen zur Zwangsarbeit zum Ersatz für Sozialleistungen aus Staatsfonds heranzogen werden. In den Schulen solle kein Unfug mehr geduldet werden, was  wenigstens das wirksame Lehren der Kinder deutsch Lesen und Schreiben und der Grundlagen der Mathematik erlauben werde. Kinder von Familien mit den Erziehungsdefiziten sollen zwangsweise Internatschulen besuchen. Befugnisse der Beamter zum Strafen der Eltern für schlechte (staatsfeindliche, asoziale) Erziehung der Kinder und zum Einschränken der Elternrechte sollen verstärkt werden. Er ist kein Sozialist, sondern ein Nationalsozialist (dies bedeutet natürlich nicht automatisch: ein Nazi) – füge ich von mir hinzu.

Das größte Aufsehen haben jedoch Behauptungen des Genossen Sarrazin in Frage der in Deutschland lebenden muslimischen Einwanderer von Nahost hervorgerufen. Er hat sich gegen sog. parallele Gesellschaften geäußert, welche seiner Meinung nach mit der Bedrohung des Terrorismus vergrößert wird und diese schaffen die Drohung einer „Eroberung durch Fertilität”. Die Bevölkerung des nahöstlichen Ursprunges müsse mit rohen Mitteln der Kontrolle und der Erziehung unterworfen werden, der verbindlichen Ideologie „der offenen Gesellschaft” entsprechend und die Zunahme ihrer Zahl radikal begrenzt werden. Den Islam muss man als eine Religion der niedrigen Kategorie erklären, weil „fordernde, den Sozialstaat in Anspruch nehmende, kriminelle, andersartige, frauenfeindliche Einstellungen […] mit fließenden Übergängen zum Terrorismus” bilde. Einen starken Widerhall fand auch das Interview von Herrn S. mit der „Welt Am Sonntag”, wo er sich u. a. den Fragen der Rasse und Nationalitäten gewidmet hat. Wörter: „gemessene Intelligenz zu 50 bis 80 Prozent erblich ist” haben Anklagen dieses Herrn um Rassismus veranlaßt. Deutsch-Türken haben den Rassismus als eine bewiesene Sache anerkannt. Unter dem Einfluss der gegen ihn gerichteten Kampagne reichte Sarrazin seine Entlassung von der Stellung des Vorstandmitgliedes der Bundesbank ein.

Die Gestalt von Herrn Sarrazin (seine Laufbahn) ist ein ernster Hinweis für alle, die versuchen zu erforschen, was eigentlich in Deutschland vorgeht. Geboren in Ostdeutschland (1945) dank „der Stimmen mit den Beinen“ durch seine Eltern wurde Sarrazin ein BRD-Bürger. Er hat ein altsprachiges Gymnasium absolviert (mit Latein und  Alt-Griechisch). Das ist nicht bedeutungslos. Solche Schulen verließen Menschen mit einer großen Disziplin des Denkens, mit Führungsambitionen im Geiste des gemeinschaftlichen Konservatismus, und eben nicht Leute mit Weltverbesserer-Ehrgeiz. Sein politischer Aufstieg, der 1975 in der bundesdeutschen Regierung als Berichterstatter des Bundesfinanzministeriums begann (zu diesem Zweck trat er in die SPD ein), hat in einer Periode angefangen, als der förmlich sozialdemokratische Kanzler Helmut Schmidt zum tatsächlicher Anführer des unförmlichen Bündnisses zugunsten des Rechtes (nicht geändert seit der Wilhelminischen Ära) und der (kapitalistischen) Ordnung wurde. Richtig genommen hat er sich bis 2002 durch nichts Besonderes ausgezeichnet, als er seine Leitsätze gegen deutsche Türken und Araber zu verkünden begonnen hat. Diejenigen, die das mit dem 11. Sept. in New York und Washington in Verbindung setzen, irren gewiss nicht.

Tölg, Sänger und Steinbach – die Polenhammer

Ich gestehe meine Fehler und schlage mir an die Brust. Ich habe den Bund der Vetriebenen unterschätzt. Als Friedensfreund und Befürworter der Freundschaft unter den Völkern hab ich mir eingebildet, dass alle Anderen auch mehr oder weniger auf dieselbe Weise denken sollten. Was für ein Fehler! Glücklicherweise wird immer Jemand sich finden, der uns von den Täuschungen zu befreien vermag. Dieser Jemand waren zwei Mitglieder der Stiftung Flucht, Austreibung, Versöhnung im Auftrag des BdV. Hartmut Sänger – Sprecher der Landmannschaft Pommern, unermüdlich ungeachtet der schrecklichen Juli-Hitzen, hat Deutschland, Europa und der Welt seine erstaunlichen Entdeckungen in der Frage der Ursachen des zweiten Weltkrieges vorgestellt. „Alle Großmächte” im Sommer 1939 haben „eine erstaunliche Bereitschaft zum Krieg“ gezeigt, und „besonders kriegerisch führte sich Polen auf.” ebenso wie natürlich das perfide Albion. England habe „den Krieg um Danzig zu einem weltweit ausgetragenen Konflikt gemacht“. Das alles sei der polnischen Mobilmachung im März 1939 vorangegangen. Nun, der arme Hitler wäre zum Krieg gezwungen beziehungsweise, wie er selbst fortan zu wiederholen pflegte, der Krieg sei den Deutschen aufgedrängt worden. Soll das ein Witz sein?

Wenn ja, sollte derjenige, der das ausgedacht hat, sich entschuldigen. Jedoch erfolgt dem nichts Ähnliches. Sänger hat seinen Kollegen Arnold Tölg unterstützt, der auf eine ähnliche Art bereits im Jahr 2000 sprach, und letztens gleichfalls Frau Steinbach, erklärte, dass sie nichts dafür kann, dass Polen eine Mobilmachung im März 1939 durchgeführt hat, denn das ist „das Faktum”. Allerdings hat sie zugegeben, dies schafft nicht die Kriegsschuld Deutschlands ab. Ich fühle mich in der Pflicht hier zu erklären, dass die polnische, teilweise heimliche, Mobilmachung von dreißig Infanteriedivisionen, elf Brigaden der Reiterei und einer gepanzerten Brigade als auch der Fliegerei und Kriegsmarine nicht im März stattfand, sondern im April und im Mai 1939. Es war die sog. Zettelpersonalbeschaffung, das ist eine auf die Namen lautende Einberufung zum Heer eines (verhältnismäßig nicht großen) Teiles der Reservisten zwecks Umstellung der Streitkräfte von dem Friedensfuß zum Stand der erhöhten Bereitschaft. Unter Beachtung des damaligen Ungleichgewichtes der Kräfte (besonders in der Luftwaffe und Panzerwaffe) zwischen der Zweiten polnische Republik und das Dritte Reich zugunsten dieses, stellte die polnische Mobilmachung nicht die kleinste Bedrohung für das Nationalgebiet Deutschlands dar. Die Schwerpunktsetzung dieser Sache ist genauso unklug und ungerecht wie die Anerkennung des polnisch-bolschewistischen Krieges gegen die Armee des internationalen Abenteurers Lenin, ein vergewaltigendes, raubendes, in Brand steckendes und mordendes Russland und dasselbe auf dem polnischen, finnischen, rumänischen und ungarischen Erdboden, dann sogar im Iran, als ein Anzeichen des polnischen Imperialismus (derselbe Sänger).

Schock und Entrüstung oder eine schlaue Rollenverteilung?

Auf die Worte von Frau Steinbach hat als einer der ersten scharf und eindeutig Vizekanzler und der Außenminister Guido Westerwelle reagiert: „Zweideutige Äußerungen, die die schwere Verantwortung Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges infrage stellen, sind nicht akzeptabel.“ Er hat zugegeben, dass so was ernsthaft dem Bild Deutschlands in der Welt schadet. Nach Meinung mancher deutscher Massenmedien „Westerwelle erklärt Erika Steinbach den Krieg”. Das bezweifle ich. Es scheint mir, dass selbst wenn das sogar wahr ist, da dieses scheinbar miteinander nicht allzuviel teilende Paar vor den Wahlen Frieden schließen wird. So war im August der vorherige „Krieg oben” zwischen dem FDP-Vorsitzenden und der obgenannten CDU-Aktivistin zu Ende gegangen. In der Sitzung des Vorstandes der Unionsfraktion kam vorläufig zu einem Zwietracht zwischen den beiden Freundinnen; Frau Steinbach und Frau Merkel. Die Vorsitzende Steinbach nahm vor der Kanzlerin in Schutz  … Herrn Sarrazin. Sie hat ihn als einen mutigen Mann bezeichnet, den man nicht vernichten lassen soll. Einen Tag früher hat sich Erika Steinbach aus dem CDU-Vorstand zurückgezogen, behauptend dass es dort keinen Platz mehr für sie gäbe, aber nicht wegen der Kontroverse in der Frage der angeblichen Verantwortung Polens für den zweiten Weltkrieg, aber darum, dass sie dort konservative Werte verteidigend ganz allein geblieben worden wäre.

Anscheinend wird Sarrazin selbst, dank den Einkünften von seinem Buch, das höchstwahrscheinlich bis zu Ende dieses Jahres ein Verkaufsschlager bleiben wird, über den Verlust seines Postens in der Bundesbank hinwegkommen. Es wird ihm bestimmt besser gehen als den Arbeitslosen in Berlin, denen er (als Finanzsenator) im Winter riet „Heizung runterdrehen und einen Pullover mehr anziehen“, jeden Tag Nudeln essen und so weiter… Es droht ihm der Ausschluss aus der SPD, aber niemand kann das wissen… Ein so beliebter Politiker kann doch noch zum frommen Menschen werden, oder wenigstens mancher seiner Behauptungen abberufen. Schlimmer wird es gewiss mit dem Museum Gegen Austreibungen, dem hat in diesen Tagen der Zentralrat der Juden in Deutschland – eine auch nicht bedeutungslose Macht – jegliche weitere Unterstützung abgesagt. Das macht nichts aus. Im Ernstfall wird man eine neue Stiftung mit demselben Zweck berufen. Denn alle diese Ärgernisse werden wohl im Sande verlaufen. Das ist sogar höchstwahrscheinlich.

Mangels einer „Revolution von oben“ die Flucht nach vorne

Es ist Zeit für Folgesätze, abbildend die Meinung des Autors des Beitrages. Das was heutzutage in der deutschen Politik vor sich geht, und wessen am meisten augenfälliger Ausdruck das Buch des Genossen Sarrazin und Anti-polnische  Streiferei von Frau Steinbach und ihrer Kollegen aus dem Bund der Vertriebenen in die Öffentlichkeit zerrt, hat drei grundsätzliche Ziele: 1) Die Aufmerksamkeit der eigenen Gesellschaft von inneren Problemen (mit den Finanzen an der Spitze) abzulenken (Steinbach) ,beziehungsweise die Politik der Regierung auf diesem Gebiet als richtig, und sogar in einer längeren Perspektive als deutschnationale vorzustellen (Sarrazin). 2)  den Einzug der NPD in den Bundestag zu vereiteln, ihre am meisten volksbeliebten Losungen um die Unterstützung für bürgerliche Parteien „stehlend” und auf dem minimalen möglichen Stand das Niveau für die gesetzmäßige Machtausübung zu behalten (etwa 55 % gültiger abgegebener Wähler-Stimmen auf CDU/CSU, SPD und FDP). 3) Zu prüfen, wieweit die Vereinigten Staaten und Russland den wirklichen Zentren der Macht Deutschlands (dem großen Kapital und der Bürokratie) erlauben werden bei der Betreibung einer selbständigen Außenpolitik voranzukommen.

Denn es ist die einzige Linie der Verteidigung, welche wesentlichen Zentren der Macht sowie Vertretern ihrer Interessen (Politikern) geblieben ist, nach dem Misserfolg des vom Vizekanzler Westerwelle unternommenen Versuches einer „Revolution von oben“ (Bezeichnung von Bismarck). Die führende Schicht hat nun keine Möglichkeiten mehr durch eine ernste Verminderung der Steuerbelastungen der Mittelklasse das Vertrauen zu gewinnen. Das haben Verpflichtungen nicht erlaubt, die gar drei vorhergehende Regierungskoalitionen angesichts der inländischen und amerikanischen Großbanken aufgenommen haben. Angesichts dieser Verpflichtungen ist die Regierung in Berlin genötigt, soziale Ausgaben zu verkleinern und zuerst versprochene Erleichterungen des mittleren und kleinen einheimischen Kapitals zu begrenzen.

Das ist zugleich eine Angriffslinie gegen die Ausdehnung der russischen Einflüsse in Europa, kennzeichnend auch das Eskalieren der Versuche der Zentralisierung der Europäischen Union bis hin zur Umgestaltung dieser in ein Werkzeug der (fast ausschließlich) deutschen, französischen und italienischen Interessen, mit Berücksichtigung strategischer Ziele der politischen und wirtschaftlichen Eliten Großbritanniens und anderer Angelsachsen. In der nächsten Zeit werden Versuche unternommen, um den Bau oder das wirksamen Betreiben des polnischen LNG-Zielhafens zu vereiteln, durch das Aufdringen des deutschen Vermittlungsgeschäftes im Handel mit energetischen Rohstoffen zwischen Polen und Russland. Diese Politik wird geführt mit der Aufrechterhaltung des Anscheines der Hochachtung und der Freundschaft gegenüber Polen seitens der in Berlin machtausübenden Personen, durch Personen und Organisationen, die nicht unmittelbar mit der deutschen Regierung verbunden sind. Eine einzige Möglichkeit sich dieser Politik entgegenzusetzen kann die weitere Annäherung auf der Linie Warschau-Moskau sein, denn Machteliten und Besitzer des großen Geldes in der Russischen Föderation werden früher oder später erkennen, dass die neue Linie von Frau Merkel (oder ihrer möglichen Nachfolgern) unvereinbar ist mit der Doktrin Miedwiediews in auswärtigen Angelegenheiten („die Lage, in welcher alle einen Einfluss bei allen haben”) . Andere reale Möglichkeiten sind leider kaum sichtbar.

Der Beitrag erschien im Original auf:

http://www.mojeopinie.pl/steinbach_sarrazin_impreza_nie_tylko_antypolska,3,1284108475

Grzegorz Wasiluk hat auf Online-Presseportal mehrere Artikel veröffentlicht, unter Anderem eine Betrachtung des Bundes der Vertriebenen und deren Vorsitzenden Steinbach:

Steinbach und der BdV – zahnlose Tiger?

5 Comments
  1. Reply
    Bernhard Knapstein 15. September 2010 at 07:01

    Etwas sehr lang für einen Kommentar.
    Schade ist auch, dass der Autor nicht mehr Details zur Teilmobilmachung Polens und zu den geopolitischen Zielen Polens schreibt. Die Rolle von Außenminister Beck, die Beteiligung Polens an der Zerschlagung der Resttschechei (Olsa-Gebiet), der Umgang mit der deutschen Minderheit in der Zwischenkriegszeit. Polen hatte zwischen den beiden Riesen Sowjetunion und Deutschland einen schweren Stand, war aber bemüht, eine eigene Hegemonialmacht zu werden und z.B. Ihre Machtstellung über die kleine Slowakei auszubreiten. Das noch junge Polen – geprägt von den polnischen Teilungen – war beherrscht von einer nationalistischen Politik. Natürlich mindert dies in keinem Fall die deutsche Kriegsschuld. Das bedarf keiner großen Kommentare. Eine kritische Selbstreflexion zu dieser Zeit aus polnischer Sicht – das wäre ein überaus wünschenswerter Beitrag zur Erhellung der Geschichte der europäischen Nationalismen. Solange hier ein weißer Fleck bleibt, wird es wohl auch immer wieder deutsche Reflexe geben in dem Sinne: Wenn Polen zur eigenen Geschichte schweigt oder sich nur als Opfer sieht, dann hat es etwas zu verschweigen. Das Polen selbst dunkle Flecken in seiner Zwischenkriegsgeschichte hat, das steht außer Frage. Allein, die Details sind noch zu wenig erforscht. Die Frage ist zudem, wieso scheint es hierzu so wenige polnische Beiträge zu geben? Deutsche Beiträge zur polnische Geschichte haben schon aufgrund der Urheberschaft stets ein Geschmäckle. Die wenigen polnischen Beiträge zur Zwischenkriegszeit (soweit mir bekannt) haben indessen meist auch ein Geschmäckle, da das Ziel des Herunterspielens und Leugnens im Gegensatz zu einer nüchternen Geschichtsforschung noch zu oft offensichtlich ist. Jedenfalls täte es gut, positive Beispiele polnischer Selbstreflexion stärker in den Vordergrund zu rücken und so dem Revanchismus hierzulande das Wasser abzugraben.
    Rhetorische Frage als Gegenbeispiel: Wird es für die deutsche Geschichtsforschung Zeit, endlich einmal die NS-Zeit aufarbeiten?

  2. Reply
    G.W. 15. September 2010 at 21:07

    Geehrter Herr Knapstein,

    Sie sind der erste deutsche Leser, der sich Mühe gegeben hat auf mein Artikel etwas zu beantworten. Dabei ist Ihr Kommentar sachlich und höflich. Der Antwort auf Ihre Fragen ist ziemlich kompliziert, genauso wie die politische Lage in der Zweiten Republik Polen war. V. a. man muß daran errinern, dass polnische Nationalisten in 1930ern gar nicht an der Macht waren, sondern in einer erbitterten Opposition die regierenden damals sog. Sanatoren gegenüber. Die letzten hatten einfach eine diktatorische Macht im Lande, obgleich diese Diktatur unvergleichbar milder als z. B. NS-Regime war. Die Sanatoren (Anhänger von Marschall Pilsudski) hatten ein paar falsche Losungen für sein Volk (wie jede Diktatur). Sie hatten verkündet, daß Polen eine Großmacht sei und dem entsprechende Politik betreiben soll. Na ja, wäre in Mitteleuropa nicht Drittes Reich und Sowjetunion gegeben, wäre sowas vielleicht ein bißchen der Wahrheit ähnlich. Die materielle und militärische Macht des damaligen Polens war jedoch nur dafür genügend, um die schwächsten Nachbarländer zu erschrecken. Sogar Tschechoslowakei wäre für Polen allein ein zu schwer verdauendes Brocken. Als unsere südliche Nachbarn wurden von ihren Verbündeten verraten und fielen Hitlers Politik zum Opfer, da enstand Gelegenheit einen witzigen Teil der Tschechoslowakei zu erobern. Es kam nämlich um Teschner Schlesien, das damals fast ausschließlich von polnischen Evangeliker besiedelt war. Die Tschecher haben diese Leute sich blutig unterworfen, den Schicksalkampf des polnischen Heeres gegen Bolschewismus ausnutzend. Man konnte diese unsere Landsleute (und Glaubensgenossen vieler führender Sanatoren) leider nur für ein halbes Jahr vor Tyrranei der Hitlerianer retten.

    Es war auch noch ein, ähnliches Beispiel der Bedrohung mit Streitkräfteeinsatz; die Regierung zu Warschau hat Litauen gezwungen, diplomatische Beziehungen zu anknüpfen und der polnischen Minderheit endlich irgendwelche Rechte zu geben. In Slowakei waren solche Gegner des gemeinsamen Staates mit Tschechei, die haben gehofft polnische Hilfe für seine Unabhängigkeit zu gewinnen und das war ziemlich alles. Was Außenminister Jozef Beck anbetriift, da sein größte Fehler war so viel Vertrauen an Frankreich und Großbritannien zu haben. Das Abendland hat uns wieder verraten, um Zeit für eigene Verteidigung zu gewinnen. Polen wurde im Stich gelassen. Der unglückliche Minister hat das hinterher erkannt und Selbstmord begangen. Wir sollten damals mit Hitler gegen Stalin oder umgekehrt gehen. Die Generation meines Großvaters war sehr mutig, heldenhaft, aber unklug.

    Fazit; wenn das alles mit der wahnsinnigen Angriffspolitik Hitlers verglichen wird, da es wird mir übel. Ich befürchte, dass die falsche Versprechungen, Parolen und Lösungen der jetzigen großen deutschen Parteien ähnlich tragische Folgen für das deutsche Volk wie ehemals der Sanatoren für meine Vorfahren haben können.

  3. Reply
    G.W. 15. September 2010 at 23:45

    Nach der Veröffentlichung des Beitrages auf Polnisch habe ich ein paar Kommentare bekommen, die ziemlich (sozusagen) pro-Sarrazin sind, d. h. meine in Deutschland und Österreich wohnende Landsleute wollen die Spannungen zwischen einheimischen und (besonders) moslemischen Immigranten nicht unterschätzen. Sie haben ein paar Beispiele gegeben, darunter es gibt auch solche, mit denen man vielleicht näher befassen soll. 1) Diejenigen, die sich dafür nach eigenem Willen entscheiden, in einem fremden Land zu leben, haben Pflicht sich zu den ortlichen Sitten, Regeln, Rechtsvorschriften usw. anzupassen. Darunter versteht sich auch gute Beherrschung der hiesigen Sprache. 2) Infolge der Familienzusammenführung, einer großen Fertilität und dann der Arbeitlosigkeit die schwach angepassten Immmigrantengruppen nehmen seit einer längeren Zeit aud der gemeisamen Kasse mehr, als sie dazugeben und die Erscheinung verschllimmert sich mit dem Zeitlauf. 3) Insb. die deutsche und österreichische Türken haben eine Neigung dazu, sich selbst in ein Ghetto zu schließen, mit der ortlichen Kultur und gesellschaftlichen Ordnung möglichst wenig gemeinsam zu haben und so (primitiv) zu leben, als sie es bei sich zu Lande machten. Inzwischen hat Turkei viele Schritte nach vorne gemacht, aber die Auswanderer aus dort stecken immer noch im Mittelalter, darunter in einem religiösen Fanatismus.

    4) Mitten den Folgen dieser unerfreulichen Lage am peinlichsten ist die Situation im Schulwesen. In vielen Großstadtschulen sind Kinder der unangepassten Einkömmlingen in Überzahl und ihre riesige Defizite machen auch den anderen Fortschritte im Lernen unmöglich. Wer nur kann (man soll es unterstreichen, auch die linksgerichteten Politiker, die soviel Wirbel um den Rassismus der anderen machen), der sendet seine Kinder nach Privatschulen, denn wenn dort irgendwelche Minderheiten sind, da mit Nivaeu. 5) Der Islam ist inhaltsleer; es gibt so viel wie kein Erfindungsgeist in moslemischen Ländern. Wer nichts positives schaffen kann, der will nur für sein wirkliches oder angebliches Unrecht auf verschiedene Weise Rache nehmen.

  4. Reply
    D. Scherzer 2. Oktober 2010 at 11:42

    Als polnische Staatsbürgerin, die seit Jahren im deutschsprachigen Raum lebt, würde ich als erste eine Aufarbeitung der Geschichte begrüßen. Ich habe seltene Möglichkeit die Geschichte aus zwei Seiten wirklich beobachten zu dürfen. In der Zeit bin ich etlichen Vorwürfen, die auf beiden Seiten gestellt werden, nachgegangen. Je tiefer man grabt, umso schwieriger wird es, eine eindeutige Stellung zum Vorwurf zu nehmen. Meistens heißt das Zauberwort: Staatsraison. In diesem Namen können Dinge passieren, die ein Außenstehender als absolut verwerflich beurteilt.
    Die Vorwürfe zur polnischen Mobilisierung im März 39 als Ursache für den Krieg, wurden in Polen mit Überraschung aufgenommen. Denn das Bestreben in Deutschland, militärisch vorzugehen, war schon lange deutlich. Das konnten auch nicht – aus polnischer Sicht: scheinheilige – Bemühungen Hitlers, die Polen auf seine Seite zu ziehen, überdecken. Was hatte Hitler vor: gemeinsam mit Polen Russland anzugreifen. Vielleicht würde Polen heute besser da stehen, mag sein. Aber vielleicht würde Hitler mit polnischen Händen Russland attackieren um nachher seinen Verbündeten zu eliminieren. Das hat er ja mit den Russen auch so gemacht. Die Entscheidung, eine Teilmobilmachung durchzuführen war also zu damaligem Punkt absolut richtig. Man hat die Reservisten namentlich aufgerufen, die Zahl war viel zu klein, um den Deutschen gefährlich zu werden. Die Vorwürfe sind lächerlich.

    Ich kann jedoch gut ein Land verstehen, dem es nicht gepasst hat, dass Gebiete, welche er fast 200 Jahre als seine eigene genannt hat, wieder haben wollte. Nach 200 Jahren hat man die Umstände der Übernahme vergessen. Ich würde auch alles tun, um die Auferstehung Polens rückgängig zu machen. Aus deutscher Staatsraison.

    Das haben die Polen, die so lange um die Freiheit gekämpft haben, verstanden. Mit der polnischen Staatsraison hat man verschiedene politische Züge gerechtfertigt. Diese werden uns heute vorgeworfen, das gehört geklärt. Eins muss gesagt werden: es gäbe heute kein Polen, wenn man zu seiner Zeit nur politisch und moralisch korrekt vorgegangen wäre. Wie sagt man: das Ziel heiligt die Mittel.

    Natürlich ist später jeder Vorwurf willkommen, um die Geschichte zu eigenen Gunsten stellen zu können. Das hat sicher auch die polnische Seite gut beherrscht. Auch bei uns liegen sicher die Leichen im Keller. Auch wir wollen das nicht hören.

    Es wird langsam höchste Zeit ein internationales Historikergremium einzuberufen, um die Geschichte möglichst objektiv zu schreiben. Eine objektive Geschichte Europas, Russland inklusive.

    Als Polin hätte ich zahlreiche Themen, die ich gerne durch „internationale Brille“ beurteilen würde. Einige Beispiele:

    Haben die Russen recht, wenn sie heute schreiben, dass Massenmord in Katyn ist lediglich eine Antwort auf die Morde an den russischen Gefangenen nach dem polnisch-bolschewistischen Krieg? Haben wir gemordet, oder sind die Unterernährten diversen Epidemien zum Opfer gefallen? So wird uns das heute in Polen, die damals selbst Hunger gelitten hatte, erklärt. Hatten wir für die Bolschewiken richtige Vernichtungslager eingerichtet? Auch für die Deutschen? Weil auch aus der deutschen Seite höre ich ähnliche Vorwürfe. Können die Ankläger richtige Beweise vorlegen? Gegen Fakten kann man nicht vorgehen.

    Wie weit sind die Morde, die die UPA an Polen verübt hat, durch früheres polnisches Verhalten „gerechtfertigt“ (so weit man das Morden gerecht nennen darf)? Ich möchte nicht nur meine Seite hören, ich will auch wissen, was die andere Seite zu sagen hat. Warum der, der für uns als Mörder gilt (Bandera), in der Ukraine auch heute als Patriot gefeiert wird?

    Wie weit haben eine moralische Schuld auch die polnischen Verbündeten auf sich geladen, als sie Polen als Bauernopfer dem Stalin überlassen haben? Das war vom Anfang an so gedacht, oder?

    Es gibt so viele Themen, die bis heute lebendig sind, wo die Vorurteile auf mangelndem Wissen basieren. Ich denke, so viele Jahre nach dem Krieg, könnte man gemeinsam am Tisch sitzen und sich die Vorwürfe gegenseitig anhören. Es kann keine Tabuthemen geben. Jede Seite könnte heute ruhig hören, was die andere Seite wurmt. Vieles könnte man klarstellen, oft die Schuld eingestehen. Das könnte das gegenseitige Vertrauen uns Sympathie enorm steigern.

  5. Reply
    G.W. 11. Oktober 2010 at 17:44

    Sehr geehrte Frau, die internationale Beziehungen sind kein Märchen, sondern ein hartes Spiel der nationalen Interessen. Das, was Sie schreiben, ist seher edel, aber leide undurchführbar. Es gibt niemand (ausser Gott im Himmel) wer ein unvoreingenommener Richter zwischen den Völkern sein könnte. Als Geschichtswissenschaftler kann ich Sie versichern, dass es was in Europa erreicht wurde siet 1989 ist fast alles, was m#glich ist d. h. wir haben jetzt kein Kriegsgefahr z. B. zwischen Polen und Russland. Widersprechende Interessen und Ansichten der Völker und einflußreichen Gruppen werden auf eine friedliche Weise ausgeglichen und dazu noch ist ein internationaler Meinungswechsel über die Grenzen möglich, ohne politische Zensur. Das ist aber anderseits sehr viel im Vergleich dazu, was geschah zu meiner Jugendzeit.

    Nun an geschichtliche Erignisse, an welche Sie errinert haben. Die Rotarmisten – polnische Kriegsgafangene waren teilweise an verschieden Krankheiten (Mangel an der Seife war Hauptgrund) gestorben, teilweise wollten nicht nach Lenin zurückkehren (und haben sich den weißen Russen in Polen angeschsloosen), teilweise kamen nach Heimat zurück nach dem Riger Friedensvertrag. unsere Virfahren waren sehr ehrenhafte Leute, deen die Bolschewisten haben praktsch alle gefengengenommene polnische Soldaten mitten noch am selben Tag ermordet. Man kann auch in diesem Fall völlig verschieden Taten und Haltungen nicht als gleichwertige betrachten. Na klar, die polnische Seite hatte auch seine Fehler, aber Fehler zu begehen ist menschlich, kaltblütigen Grauentaten ganz un gar nicht. Man muß dafür ein Ungeheuer sein.

    Was die Haltung unserer westlichen Verbündeten im Zwieten Weltkrieg anbetrifft, da war es auch so geplannt. Nicht zum ersten Mal das Abendland hat uns verlassen. das war auch damals (1939) durchaus zum Voraussehen. Engländer und Franzosen hatten sogar keine militärische Mittel dazu, das Dritte Reich vom Westen erfolgreich zu angreifen. Sie brauchten dringend Zeit für Herstellung der Jagdflugzeuge und vieler anderen Kriegsgüter. Der blutige polnische Widerstand hat ihnen (hohe Wehrmacht- und Luftwaffe-Verluste) ein paar Monate gesichert. Als am 17. Sept. auch die Truppen Stalins angegriffen haben, da war alles verloren. Die Sanatoren haben eigenes Volk zum sicheren Tod im ungleichen Kampf verurteilt; unsere Verluste in der Katastrophe waren enorm; menschliche, materielle, kulturelle. Das stolze, kluge, mutige polnische Volk wurde dezimiert, ausgeraubt, ins Exil gejagt, hat dabei eine Mehrheit seiner Eliten verloren und bleibt bis heute auf den Knien. Wir haben keine gute Regierung, sehr wenig gute Arbeit in eigenem Land und es ist seit dem Zweiten Weltkrieg so.

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