Wikileaks Enthüllungen: Weit mehr als nur Beurteilung deutscher Politiker

Die aktuellen Wikileaks Enthüllungen beinhalten weit mehr als nur die Beurteilung deutscher Politiker, bislang sind 278 Seiten der angekündigten 251.287 Seiten auf der Internetseite Wikileaks veröffentlicht. Diese gesammelten Daten geben die Einschätzung von 274 US-Botschaften und dem Außenministerium der USA (State Department) wieder. Diese Dokumentensammlung ist die größte Veröffentlichung ihrer Art im Internet, die Dokumente stammen aus dem Zeitraum von 1966 bis Februar 2010. Über 15.000 Dokumente werden als geheim eingestuft, weitere 100.000 Dokumente gelten als vertraulich. Wikileaks wird die Dokumente häppchenweise in den nächsten Monaten veröffentlichen. In den deutschen Medien wurde breit und ausführlich über die Einschätzung deutscher Politiker berichtet, aber um ehrlich zu sein, man braucht kein Wikileaks, um zu wissen, dass Westerwelle agressiv ist etc. Die anderen Einschätzungen sind hingegen wesentlich interessanter, und wieder einmal bestätigt sich zum Leidwesen aller Verschwörungstheoretiker; die Wahrheit kommt am Ende immer ans Licht.

Wikileaks über Iran- die Spiele der arabischen Machthaber

In den bisher veröffentlichten Dokumenten werden mehrere arabische Machthaber zitiert, die die USA auf einen Angriff auf den Iran drängen. So wird vom Botschafter Saudi-Arabiens in den USA, Adel al-Jubeir, berichtet, wie dieser im April 2008 auf Drängen des arabischen Königshauses die Regierung der USA ermuntert habe, den Iran wegen des Atom-Programmes anzugreifen. Die USA sollten den Kopf der Schlange abschlagen („…to cut the head off the snake…“), wobei zeitgleich der saudische Außenminister lediglich auf Sanktionen gedrängt haben soll. November 2009 soll König Hamad bin Isa al-Khalifa aus Bahrain US-General Petraeus während eines Treffens aufgefordert haben, mit allen notwendigen Mitteln das iranische Atom-Programm zu stoppen. Auch Prinz Sheikh Mohammad bin Zayed aus Abu Dhabi soll schon 2006 die Einschätzung geteilt haben, der Iran bereite einen Angriff auf arabische Staaten vor. Die Anführer der arabischen Staaten scheinen das Atom-Programm in Iran als Gefahr wahr zu nehmen, der Konflikt ist nicht unbedingt religiös begründet; doch wie so oft kann der religiöse Zwist zwischen Schiiten und Sunniten als Vehikel für den Konflikt genutzt werden.Zur Zeit versucht die Regierung in Teheran die Enthüllungen als Komplott darzustellen, die arabischen Staaten seien keineswegs an einem Angriff auf den Iran interessiert.

Wikileaks über das Ausspionieren der UN

Mehrere Dokumente sollen bezeugen, dass das Außenministerium der USA unter Führung von Hillary Clinton und Condoleezza Rice biographische und biometrische Daten über UN-Angestellte gesammelt haben soll. Hierzu wurden auch DNA-Proben, ohne Wissen der betroffenen Personen, entnommen. Des Weiteren wurden Passwörter für Internetnutzung, Bankdaten und Kreditkartenabrechnungen ausgewertet.

Wikileaks über Korea-Pläne der USA

Einige Dokumente belegen das Unbehagen der chinesischen Staatsführung über das Atomwaffen-Programm Nordkoreas, demnach sprach der chinesische Botschafter von einer „Bedrohung der gesamten Weltsicherheit“. Zudem äußerten einige chinesische Politiker die Hoffnung, das geteilte Korea werde endlich unter Führung Seouls vereinigt. Nordkorea habe als Pufferstaat kaum noch eine Bedeutung. Der chinesische Vize-Außenminister He Yafei sprach von Nordkorea als „verwöhntes Kind“. Bei einem Kollaps der nordkoreanischen Regierung planen demnach die USA und Südkorea hohe Investitionen in China, um deren Bedenken gegen ein vereinigtes Korea zu begegnen.

Wikileaks über US-Operationen im Jemen

Ein Dokument von Januar 2010 belegt ein Treffen zwischen dem Präsidenten Abdullah Saleh aus Jemen und dem US-General Petraeus, dieses Dokument belegt US-Angriffe auf Terroristen im Nordjemen, mit Erlaubnis der Regierung in Sanaa. Doch Saleh soll die Vorgehensweise der US-Angriffe kritisiert haben und fortan nur noch Angriffsmissionen per Drohnen erlaubt haben. Zeitgleich soll die jemenitische Regierung die Angriffe in Arhab, Abyan und Shebwa gedeckt haben, indem sie diese als Angriffe der eigenen Streitkräfte deklariert hat. Premierminister Rashad Alimi wurde zitiert, wie er das jemenitische Parlament belogen habe.

Wikileaks über die britische Königsfamilie

Neben Dokumenten, die dem Thronfolger Charles weniger Ansehen als der Queen zusprechen, kommen unappetitliche Details zu Tage. Die US-Botschaft in Kirgisistan berichtet über Prinz Andrew, der anmaßend über britische Journalisten sprach. Ausgangspunkt dieser Bemerkung waren Aufdeckungen von britischen Journalisten über verdeckte Waffengeschäfte mit Saudi-Arabien. Der Prinz soll gesagt haben, dass Großbritannien zurück sei im großen Spiel (Great Game), ein Ausdruck aus der kolonialen Zeit aus dem 19. Jahrhundert. „Und dieses mal beabsichtigen wir, zu gewinnen“ wird Prinz Andrew weiter zitiert.

Wikileaks über Pakistans Atomwaffen

US und britische Diplomaten hätten sich besorgt über das Atomwaffenarsenal Pakistans geäußert haben, sie befürchten eine Übernahme dieser Waffen durch islamistische Terroristen. Auch das russische Außenministerium teile diese Befürchtung; eine Infiltration von Islamisten der 120.000 Menschen, die im pakistanischen Atomprogramm mitwirken.

Wikileaks über China

Im November 2007 habe die chinesische Regierung Komponenten für den Bau von Langstreckenraketen über Nordkorea an den Iran geliefert. Zudem rückten die Verantwortlichen in den USA China in den Fokus der massiven Cyberattacken, die direkt die Sicherheit der USA bedrohen. Seit 2002 beschäftige die chinesische Regierung Hacker, die sich in Unternehmens- und Regierungsrechner des Westens einschleusen, um Informationen zu erlangen oder wirtschaftlichen Schaden zu verursachen. So sei auch der Angriff auf Google am Anfang des Jahres auf das Betreiben dieser Hacker zurückzuführen.

Weitere Wikileaks Dokumente

In weiteren Dokumenten werden die wichtigsten Regierungsmitglieder der Staaten beurteilt. Auch die Übernahme von ehemaligen Gefangenen aus Guantanamo wurde diskutiert, so planten die USA Millionenzahlungen an den Pazifikstaat Kiribati, wenn dieser Gefangene aufgenommen hätte. In weiteren Dokumenten wird beispielsweise der Anti-Terrorkampf in Katar beurteilt. Hier seien die Behörden zögerlich, damit sei Katar der Staat im Nahen Osten, der wenig effektiv gegen terroristische Strukturen vorgehe.

Insgesamt lassen die Wikileaks Dokumente darauf schließen, welche Einschätzungen in den USA vorhanden sind und wie welche Staaten höchstwahrscheinlich agieren werden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Wikileaks in die Kritik gerät. Mehrere Angriffe auf die Server, die weltweit verteilt sind, belegen, dass die Enthüllungen sehr wohl auch Konsequenzen nach sich ziehen. Inzwischen wird der Wikileaks-Gründer Assange per Haftbefehl von Interpol gesucht, ob er wirklich sich strafbar gemacht hat und ein Opfer vergewaltigt hat, oder eine Kampagne gegen ihn aufgefahren wird, ist momentan nicht einschätzbar. Dennoch sind die Enthüllungen wichtig, um politische Vorgänge besser einschätzen zu können. Vielleicht gibt es eines Tages eine ähnliche Enthüllung aus dem Auswärtigen Amt, interessant genug wäre die Meinung der Bundesbehörden auf jeden Fall.

2 Comments
  1. Reply
    Harald Hauser 3. Dezember 2010 at 01:10

    Wikileaks sollte viel mehr unterstützt werden. Ich bin gespannt was bei der kommenden Enthüllung die, die US-Banken betrifft raus kommt. Die Börse schwitzt schon!

  2. Reply
    Regine Metes 23. Dezember 2010 at 01:30

    An den Enthüllungen von Wikileaks ist nichts wirklich überraschend. Daß z.b. Saudi-Arabien als direkter Nachbar Irans genervt reagieren kann ob des Atomprogrammms bzw. der Streitereien zwischen Israel und Iran, ist nur logisch.
    Und im übrigen ist an den Enthüllungen nun wirklich nichts zu kritisieren, es ist eher alarmierend, daß man auf sie so aggressiv reagiert.

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