Forschungsförderung im Kampf gegen Demenz-Zum Welt-Alzheimertag zieht die Hans und Ilse Breuer Stiftung Bilanz

Frankfurt am Main, September 2010. – Zum Welt-Alzheimertag am 21. September 2010 zieht die Hans und Ilse Breuer Stiftung (Frankfurt) Bilanz für die mit ihrer Unterstützung initiierte wissenschaftliche Forschung und deren Wert für die Entschlüsselung der Alzheimer-Demenz. 2006 rief die Stiftung den jährlich vergebenen, mit 100.000 Euro deutschlandweit höchstdotierten Alzheimer-Forschungspreis ins Leben. Zusätzlich wurden bisher drei Sonderpreise von je 100.000 Euro vergeben, die aus Drittmitteln finanziert wurden. „Die Zahl der von Alzheimer Betroffenen wird sich bis zur Mitte des Jahr­hunderts mehr als verdoppelt haben“, erklärt Jürgen Lautz, Vorstand der Breuer Stiftung. Christian Haass, Kuratoriumsmitglied der Stiftung, zählt zu den weltweit führenden Alzheimerforschern. Der Professor für Stoffwechselbiochemie an der Ludwig-Maximilians-Universität München hilft der Stiftung aus gutem Grund: „Die Alzheimer Forschung ist in Deutschland auf Stiftungen wie die Frankfurter Hans und Ilse Breuer Stiftung angewiesen. Die Familie hat nicht nur den Alzheimer-Forschungspreis ins Leben gerufen. Sie bietet zudem Promotionsstipendien an, um den Nachwuchs in die Demenzforschung zu locken und sie fördert Projekte zur Unterstützung von Betroffenen und ihren Angehörigen. Das ist in Deutschland bisher einmalig.“

Die Verleihung des Alzheimer-Forschungspreises 2011 erfolgt im Rahmen des 10. Eibsee-Meetings nahe Garmisch-Partenkirchen am 27. Oktober 2010. Das Treffen hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1999 zu einer wissenschaftlich hochkarätigen Konferenz entwickelt, die deutsche Alzheimer-Forscher mit namhaften Kollegen aus der ganzen Welt zusammenbringt.
Auf dem Weg zu therapeutischen Ansätzen

Die fünf bisherigen Preisträger des Alzheimer-Forschungspreises haben die Grundlagenforschung deutlich vorangetrieben und Wege für wirkungsvolle Therapien geebnet. Der Preisträgerin des fünften Alzheimer-Forschungspreises für das Jahr 2010, Dr. Melanie Meyer-Lühmann (36), gelang es, die Entstehung von Alzheimer „live“ bei Mäusen zu zeigen. Den Mäusen wurden kleine Glasfenster in den Schädel eingesetzt, durch die man mit modern-sten mikroskopischen Techniken direkt beobachten konnte, wie sich bestimmte Proteine (das Amyloid-beta-Protein) im Gehirn aneinanderlagern und verklumpen (Bildung von amyloiden Plaques). Diese Forschungsarbeit ist für das Verständnis von Alzheimer und die Entwicklung entsprechender Medikamente von herausragender Bedeu­tung. Die Biologin ist seit vergangenem Jahr Gruppenleiterin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen und am Adolf Butenandt Institut der Ludwig-Maximilians Univer­sität.

Der Göttinger Neurowissenschaftler und Preisträger des Jahres 2009, Dr. André Fischer (36), und sein Forscherteam vom European Neuroscience Institut (ENI-G) fanden in der Hirnregion Hippocampus – die bei Menschen ebenso wie bei Nagetieren für das Lernvermögen zuständig ist – eine Art Schalter, der das „Lernen können“ im Alter um die 55 Jahre sozusagen automatisch abstellt. Eine Laborstudie mit Mäusen in entsprechendem Alter zeigte, dass ein spezielles Protein des Zellkerns namens Histon 4, deren Lern-Gene nahezu komplett ausschaltete. Das Forscherteam ist davon überzeugt, einen Ansatzpunkt für eine in der Zukunft mögliche „Pille gegen Altersdemenz“ gefunden zu haben – eine Substanz, die den Schalter wieder auf „Lernen können“ einstellt.

Dr. Ulrike Müller (50), Professorin für Funktionelle Genomik am Institut für Pharmazie und molekulare Biotechnologie der Universität Heidelberg sowie Preisträgerin 2008, untersucht mit ihrer Arbeitsgruppe die Funktion eines weiteren Schlüsselproteins von Alzheimer, APP. Es zeigte sich, dass APP (Amyloid Precursor Protein, das Vorläufer-Protein des Amyloid-beta-Proteins) und das APP-Spaltprodukt APPs im Gehirn eine essentielle Funktion für die Kommunikation zwischen den Nervenzellen besitzen. So zeigen Mäuse mit inaktiviertem APP-Gen ein wesent-lich schlechteres Lernvermögen in kognitiven Tests. Auch im Gehirn von Alzheimerpatienten werden geringere Mengen an APPs produziert. Ein interessanter therapeutischer Ansatz wäre demzufolge, eine verstärkte Produktion von APPs im Gehirn der Patienten auszulösen.

Die Preisträgerin 2007, Dr. Eva-Maria Mandelkow, als Professorin in der Max-Planck-Arbeits-gruppe für Strukturelle Molekularbiologie in Hamburg tätig, untersucht das Wirken der Alz-heimerkrankheit innerhalb der Nervenzellen durch das „Tau-Protein“, das für Transportvorgänge und Stabilität der Nervenzellen zuständig ist. Bei der Alzheimer-Erkrankung wird das Protein so verändert, dass es sich nicht mehr an die Transportproteine bindet, sondern sich in der Zelle ablagert (sog. Neurofibrillenbündel) und dadurch die Zellen „verstopft“. Dr. Mandelkow fand heraus, dass man kranke Zellen wieder heilen kann, indem man die toxische Form des Tau-Proteins ausschaltet. Zudem ist es möglich, diese Veränderungen des Tau-Proteins chemo-therapeutisch zu verhindern. Dafür können Pharmaka entwickelt werden, die die Verklumpung des Proteins verhindern und die normalen Transport- und Stoffwechselvorgänge in der Zelle wiederherstellen. Zusätzlich stellte das Forscherteam einen Zusammenhang zwischen der toxischen Wirkung des Amyloid-beta Proteins, das die Nervenzelle von außen „vergiftet“ und dem Tau-Protein fest. Er führt dazu, dass das Tau-Protein in der Nervenzelle „falsch sortiert“ wird und so die Kommunikation zwischen den Nervenzellen unterbricht. Hierbei gilt es, das Gleichgewicht der Enzym-Reaktionen, die zur falschen Sortierung führen, in Nervenzellen durch neue Wirkstoffe wieder herzustellen.

Nach derzeitigem Kenntnisstand entsteht die Alzheimererkrankung durch Amyloid genannte Verklumpungen im Gehirn. Dieses Amyloid wird durch zwei Enzyme gebildet, die wie molekulare Scheren nacheinander aus einem größeren Eiweiß das kleinere Amyloid-beta-Protein heraus-schneiden. Dr. Harald Steiner (45), apl. Professor für Biochemie und akademischer Oberrat am Adolf-Butenandt-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Preisträger des Jahres 2006, erforscht die genaue Funktionsweise einer dieser beiden Scheren, der sogenannten gamma-Sekretase und deren mögliche Blockierung. Dadurch läßt sich möglicherweise die Alzheimererkrankung verzögern oder sogar ganz stoppen.

Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz und gilt als die Gesundheitsepide­mie des 21. Jahrhunderts. Allein in Deutschland sind mehr als 1,2 Millionen Menschen an ihr erkrankt – Tendenz steigend. Das immer häufigere Auftreten der Alzheimererkrankung hängt mit der dramatisch steigenden Lebenserwartung zusammen. Betroffen ist jeder achte Mensch über 65 Jahre und fast jeder zweite, der älter als 85 Jahre alt ist. Die durch einen zunehmend schweren Verlauf gekenn­zeichnete Gehirnerkrankung führt zu einem ganzheitlichen Zerfall der intellektuellen Fähig­keiten – darunter Gedächtnis, Lernfä­higkeit, Orientierung, Sprache, Auffassungsgabe und Urteilsfähigkeit. Alzheimer gilt bislang als unheilbar. Die verfügbaren Medikamente mildern den Verlauf, aber sie heilen nicht. Werden nicht bald erfolgreiche Therapien entwickelt, rollt eine Flut von Patientenzahlen auf uns zu, die den Pflegenotstand zum Eskalieren bringt.

Über die Hans und Ilse Breuer Stiftung

Die Hans und Ilse Breuer Stiftung wurde im Jahr 2000 von dem Unternehmer Hans Breuer
gegründet. Ein wichtiger Impuls für die Gründung der Stiftung ging von den leidvollen Er-fahrungen aus, die die Familie Breuer selbst mit der Alzheimer-Krankheit machen musste. Sowohl die Belastungen und Schwierigkeiten im Umgang mit der Krankheit und ihren
Symptomen, als auch das Gefühl, ihr machtlos ausgeliefert zu sein, haben Hans Breuer und seine Familie dazu veranlasst, sich der Thematik anzunehmen und sich im Kampf gegen Alzheimer und andere Demenzkrankheiten zu engagieren.

Die Stiftung hat sich zur Aufgabe gemacht, die Lebenssituation von Demenzkranken und ihren Angehörigen entscheidend zu verbessern. Zweck der gemeinnützigen Stiftung ist es, exzellente wissenschaftliche Forschung im Kampf gegen die Alzheimer-Krankheit und andere Demenzerkrankungen zu fördern und wissenschaftliche Netzwerke auf dem Gebiet der Alz-heimer-Forschung zu unterstützen. Darüber hinaus fördert die Breuer Stiftung zahlreiche Projekte aus den Bereichen Versorgung, Betreuung und Therapie, die wesentlich dazu bei-tragen, das Leben von demenziell Erkrankten und ihren Familienangehörigen zu erleichtern.

Weitere Informationen zur Hans und Ilse Breuer Stiftung finden Sie auf der Website http://www.breuerstiftung.de/

Für Presseanfragen wenden Sie sich bitte an:

Uli Kuhn, Uli Kuhn Consulting, Telefon 0178 / 322 0182, uli.kuhn@ukuhn-consulting.de

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