Krieg ist Frieden- warum die Bundeswehr in Afghanistan nicht bleiben, aber auch nicht verlassen kann

In George Orwells düsterer Utopie „1984“ heißt das Kriegsministerium „Friedensministerium“, das Propagandaministerium „Wahrheitsministerium“ und der wenig zimperliche Staatsschutz „Liebesministerium“ usw. Diese Benennungen sind nicht einfache Verdrehungen der Wahrheit, vielmehr wenden Parteimitglieder in diesem düsteren Roman das so genannte „Zwiedenken“ an. Wer heute schlüssige Erklärungen für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan sucht, muss ein wahrer Künstler in Zwiedenken sein, oder der vergangenen und aktuellen Bundesregierung angehören.

„Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt“- Krieg ist Frieden auf deutsch

Erst der Krieg der internationalen Staatengemeinschaft im Oktober 2001 hat die Taliban-Milizen in Deutschland zur Räson gebracht. Erst zogen die bewaffneten Bartträger auf den Hunsrück, später erkämpften diese sich Stellungen im Erzgebirge und beschossen aus der Ferne die Städte Leipzig und Dresden. Oder war es anders?

Eine gängige Erklärung für den Krieg in Afghanistan: die Beherbergung von Al-Kaida durch die Taliban. Die USA mussten Afghanistan angreifen, schließlich erfolgte quasi eine Kriegserklärung am 11.09. 2001, und sei der Krieg noch so asymetrisch, die USA mussten reagieren. Die deutsche Bundesregierung kann als Argument anführen, dass das Beherbergen von Terroristen-Camps schließlich die gesamte westliche Staatengemeinschaft bedrohen könnte. Um es festzuhalten, nicht die bestialische Unterdrückung der Frauen oder Andersdenkender/Normaldenkender in Afghanistan war ausschlaggebend für die „friedenssichernde Mission“, sondern der Angriff auf die USA. Per Beschluss des UN-Sicherheitsrates (Resolution 1368) wurden die Anschläge auf die Twin-Towers als Angriff auf die Sicherheit der USA und der freien Welt gedeutet, was zur Folge hat, dass die USA völkerrechtlich legitimiert sind, in Afghanistan einzumarschieren. Nun folgt ein Automatismus, der Bündnisfall der NATO trat ein und die Bundeswehr musste also in den Krieg. USA/NATO-Kritiker seien nochmals daran erinnert, welche militärische Macht sie 45 Jahre lang vor einer anderen Supermacht geschützt hat. Genau diesem Automatismus des NATO-Vertrages ist es zu verdanken, dass andere Staaten es sich zweimal überlegen müssten, ein NATO-Mitgliedsland anzugreifen!

Der Krieg, der offiziell als Sicherheits- und Aufbaumission begonnen hat und in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr als das Wahrgenommen wird, was er wirklich ist, also Krieg, hat bis zum 15. April 1267 Soldaten das Leben gekostet, darunter 43 deutsche Soldaten. Die Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung liegen bei einem vielfachen und bislang nicht genauer bezifferbar. Im Rahmen der ISAF versuchen nun ausländische Truppen in Afghanistan eine Demokratie einzuführen. Afghanistan ist bekannt für seine Gastunfreundlichkeit, zumindesten wenn die mit Soldaten einrücken. Hiervon können die Briten im 19. Jahrhundert berichten, die sechzig Jahre versucht haben, das Land zu unterwerfen. Davon wissen auch die Russen zu berichten, die als Sowjets in Afghanistan acht Jahre mit allen Mitteln versucht haben, den real existierenden Sozialismus zu errichten. Nun versucht die internationale Staatengemeinschaft seit neun Jahren, eine Art Demokratie zu etablieren, die bislang in Kabul mit den letzten Wahlen, die anrüchig waren und keineswegs nach westlichem „Gütesiegel“ abliefen, „bestätigt“ wurde. Außerhalb der Hauptstadt hat die „Zentralregierung“ eh wenig zu sagen, dafür aber die Clans und Warlords. Und eine Demokratie, die auf die Scharia basiert, wird im Iran als undemokratisch betrachtet, aber in Afghanistan als gut bezeichnet. Man nimmt halt das, was man kriegt.

Freiheit ist Sklaverei

Wie nennt man es, wenn zwei drittel der Bevölkerung in Deutschland gegen den Afghanistankrieg sind, dieser aber dennoch geführt wird? Richtig, dann heißt es Demokratie. Nun hat die Bevölkerung ihre gewählten Vertreter jeweils in den Parteien kompakt versammelt, so das man diese auch alle vier Jahre bequem wählen kann. Nun hat die Partei, die mit S anfängt und PD aufhört, in ihrer Regierungszeit schon mal eine „friedenssichernde“ Mission durchgeführt, et voila, fertig ist ein kleiner, „unabhängiger“ Staat, der nicht überlebensfähig ist und ethnisch schön sortiert wurde. Die Rede ist vom Kosovo. Wenn nun das Ziel dieser Missionen die Freiheit ist, wie ergeht es wohl den Roma und Sinti, die nach dem Krieg, pardon, nach der „friedenssichernden Mission“ aus ihren Dörfern vertrieben wurden? Nun gilt es den Umstand zu beachten, dass die afghanische Bevölkerung keineswegs homogen ist und nicht mal die selbe Sprache spricht (Paschtunen, Tadschiken, Usbeken usw.). Ethnische Säuberungen nach „friedenssichernden Missionen“, nö, nicht möglich.

Unwissenheit ist Stärke

Für alle Verschwörungstheoretiker, hier ein Häppchen: der Krieg in Afghanistan hat allein dem US-Militär bislang 267 Milliarden Dollar gekostet. Neben der Aufwendung für Sold der Soldaten und dem Einkauf von ein bisschen Lebensmitteln vor Ort, wird dieses Geld nicht in Afghanistan verbrannt. Anders als bei anderen Konsumgütern wird ein Großteil der Waffen in den USA produziert, also wird das Geld in den USA ausgegeben. Hier spricht man vom Rüstungskeynesianismus. Aber nicht die Herren in den Vorstandsetagen der Waffenfabriken entscheiden darüber, wann und wo ein Krieg geführt wird (sorry liebe Verschwörungsspezialisten). Bei Orwells 1984 führen die drei verbleibenden Staaten deswegen Krieg, um Waren zu vernichten, ohne das diese konsumiert werden. Hier sei eine Frage erlaubt: was wäre, wenn man gleich diese 200 Miliarden Dollar auf die Konten der afghanischen Bevölkerung einzahlen könnte mit der Bedingung, ganz lieb zu sein (ca. 10.000 Dollar pro Nase) ?

Der wahre Grund des Afghanistankrieges

Ein Rückzug aus Afghanistan ist so einfach nicht. Im Falle eines Rückzuges ist es sicher, dass die Taliban sich an die Macht zurück bomben. Dies würde unmittelbar auch Pakistan, eventuell Tadschikistan und andere Anrainerstaaten destabilisieren. Man darf nicht vergessen, das Pakistan atomare Waffen besitzt. Was, wenn talibanähnliche Kräfte in Pakistan die Macht erringen? Und dann über den Kaschmir der Konflikt nach Indien reintragen wird? Und vielleicht islamstische Kräfte bei den Uiguren in China unterstützen?  Genau dies ist der Grund für den Krieg und die Unmöglichkeit eines Rückzuges, ein Dilemma, weil der Krieg feindliche Kräfte in Afghanistan schürt (ein Wunder, warum bislang lediglich dilettantische Terroristen, Kofferbomber, tse, tse in Deutschland unterwegs waren), aber ein Rückzug so nicht möglich ist. Da kann man in Versuchung geraten, sich die alte Weltordnung (USA vs. UDSSR) zurück zu wünschen, schließlich war diese wesentlich einfacher, Großer Bruder hin oder her.

2 Comments
  1. Reply
    Wordpress Themes 6. Mai 2010 at 04:15

    Good post and this enter helped me alot in my college assignement. Thanks you as your information.

  2. Reply
    nucki 15. Mai 2010 at 18:53

    Oh doch, die Bundeswehr kann Afganistan verlassen. Sie muss nur abziehen und zwar sofort.

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