Australien: Am Tag nach der Entscheidung- Minderheitsregierung unter Gillard

In den letzten Jahrzehnten haben immer die beiden großen Parteien, Labor oder Liberals, mit absoluter Mehrheit regiert. Julia Gillard ist seit gestern die neue Premierministerin von Australien. Die Labor Partei erlangte die Mehrheit mit 76 von 150 Sitzen im Parlament nur mit Hilfe zweier unabhängiger Abgeordneter und einem Abgeordneten der Grünen. Alleine hätte die Labor Partei die Regierung nicht bilden können. Die Verhandlungen liefen über insgesamt 17 Tage, die Wahlen fanden am 21. August 2010 statt.

Alle sind gegen eine Minderheitsregierung? Heute wird in den Tageszeitungen berichtet, dass es derartige Bündnisse auch in anderen Ländern der Welt gibt, z.B. in Kanada und England. Damit möchte man den Bürgern wohl die Angst nehmen. Portugal, Spanien und Tschechien wurden da gar nicht erwähnt. Auch nicht, dass in Dänemark und Schweden schon lange Minderheitsregierungen im Amt sind. Zur Minderheitsregierung in Australien ist es wohl gekommen, weil niemand einen Unterschied zwischen den beiden großen Parteien erkennen konnte. Beide Parteien hatten im Wahlkampf ähnliche populistische Themen aufgegriffen und wirkten konzeptlos. In den Wahlwerbungen versuchten beide Parteien den Bürgern zu versichern, dass sie die Grenzen besser vor Immigranten und Asylsuchenden sichern werden. Erstaunlich wenig wurden Programme zum Klimawandel erwähnt.

Die konservativen Liberals sind außer sich und zweifeln an der regierenden Labor Partei. Sie beschimpfen die Labor Partei öffentlich mit Aussagen wie „Die Labor Partei besitzt soviel Rechtmäßigkeit wie das pakistanische Kricket Team“ oder „Das Bündnis zwischen Labor, dem Grünen Abgeordneten Adam Bandt und den unabhängigen Andrew Wilkie, Rob Oakeshott und Tony Windsor ist so als würde man eine Manguste mit einer Kobra zusammenbringen“. Tony Abbot, der Vorsitzende der Liberal Partei versprach, die Labor Partei „heftig zur Rechenschaft zu ziehen“.

Australien am Tag nach der Entscheidung, und doch, vielleicht entwickelt sich die Minderheitsregierung zur Chance.

Die Autorin Dorothée Lefering lebt seit 2006 in Australien. Noch mehr Eindrücke aus Down Under können Sie täglich auf dem Blog der Autorin gewinnen.

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