Anti-Atom Demo in Berlin lockt über 100.000 Menschen auf die Straße- ein Kommentar

Über Hunderttausend Menschen fanden sich heute auf der Anti-Atom Demonstration im Regierungsviertel von Berlin ein, sie demonstrierten gegen die Laufzeitverlängerung der Bundesregierung. Der Demonstrationszug fand seinen Weg beginnend über den Berliner Hauptbahnhof Richtung Osten, um dann im Regierungsviertel zu enden.

Der Protest gegen die Verlängerung der Laufzeit blieb weitestgehend friedlich, auch wenn die Parteizentrale der FDP regelrecht mit Anti-Atom Stickern zugekleistert wurde. Zu der Demonstration hatten unter anderem die Grünen, die SPD und die Linke aufgerufen, beteiligt waren auch Greenpeace und Vertreter aus dem Wendland. Die Demonstranten rekrutierten sich dabei aus allen Volksschichten, neben Alt-Aktivisten marschierten auch jüngere Teilnehmer. Der Aufruf zur Teilnahme an der Demonstration verbreitete sich auch ganz Zeitgemäß im Internet, via Facebokk, Twitter und Co. Und diese Demonstration hat auch nichts mehr gemein mit denen wie beim Wackersdorf, als die Demonstranten aus einem bestimmten Milieu stammten, der Protest ist wesentlich breiter gestreut und wahrt seinen friedlichen Charakter.

Schon sehen einige Zeitungen eine neue, diffuse Form des öffentlichen Protestes entstehen , diese Demonstration wird in die Reihe der Demonstrationen wie Stuttgart 21 oder die Hamburger Entscheidung über das Schulsystem gestellt, ohne dabei differenzieren zu wollen. Diese Betrachtung liegt falsch, richtig ist aber, dass Menschen eher auf die Straße gehen um ihren Unmut zu bezeugen, wenn sie unmittelbar selber betroffen sind, d.h. es ist kein Zufall, dass Hamburger eben nicht auf die Straße gehen, um gegen Stuttgart 21 zu protestieren und Andersherum. Die Partikularinteressen der Menschen entsprechen der atomisierten Gesellschaft mit den unzähligen Milieus, die inzwischen in der Gesellschaft entstanden sind. Nur wenige Themen scheinen die Menschen in Deutschland zu einen, solche wie die Befürchtung der Überfremdung: man denke an Kochs Wahlkampfkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, Rüttgers „Kinder statt Inder“ oder eben Sarrazins Buch. Doch essentielle Themen, wie der Umbau der Krankenversicherung, Rentenkürzung (Nichts anderes ist die Rente mit 67) oder der Krieg in Afghanistan, scheinen die Menschen nicht zu berühren, vielleicht weil die Meisten den Zusammenhang nicht verstehen, oder Alternativkonzepte nicht erkennen. Die Friedensbewegung in den 50er zersplitterte in verschiedenste Strömungen, die Studentenrevolte von 1968 ist inzwischen institutionalisiert oder eben selbst angekommen, Attac und Co haben keine wesentlichen Änderungen hervorrufen können, und die neue Welle der Bürgerdemonstrationen wird voraussichtlich enden, wie ihre ungleichen Vorgänger. Dennoch täte die Politik gut daran, die Bedenken ihrer Bürger ernst zu nehmen, schließlich wurden sie gewählt, um Politik für diese zu machen, und nicht einer wie auch immer gearteten Staatsräson zu huldigen. ABER: es gilt immer noch, jedes Volk verdient die Regierung, die es gewählt hat, und keiner soll behaupten, man wusste nicht, wen man da an die Pfründe gesetzt hat. Merkel wurde schließlich zu Recht zweimal zur Kanzlerin gewählt, ihre Chancen auf eine dritte Regierungszeit stehen so schlecht nicht, auch wenn sie sich redlich Mühe gibt, alles zu vermasseln.

Ein Kommentar von: Hendrik Schneijder

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