Zeitung: Kanzleramt rückt von Guttenbergs Wehrreform ab

Ausgesprochen kritisch bewertet das Kanzleramt die Pläne von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg für die Reform seines Ministeriums. Die Leitungsebene werde nur unzureichend gestrafft, „Kompetenzrangeleien“ blieben erwartbar, heißt es in einer Vorlage für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Der Personalabbau und das Sparziel, es beträgt 8,3 Milliarden Euro, würden nicht im benötigten Ausmaß verwirklicht. Deutlich mehr Standorte als von Guttenberg in Aussicht gestellt müssten geschlossen werden. Zum Ende dieses Monats soll Verteidigungs-Staatssekretär Walther Otremba dem Minister seinen Bericht vorlegen, wie er die Vorschläge der sogenannten Weise-Kommission umsetzen will. Diese Strukturreform-Kommission unter Vorsitz des Chefs der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, hatte im Oktober ihre Empfehlungen abgegeben. Die im Wesentlichen feststehenden Vorschläge Otrembas haben die Fachleute des Kanzleramtes in einem Papier bewertet, das am Montag bekannt wurde, berichtet die Zeitung. Entgegen der Empfehlung der Weise-Kommission, nur noch einen beamteten Staatssekretär zu behalten, will Guttenberg an zwei Staatssekretären festhalten. Damit werde die „Verschlankung der Leitungsebene …nur sehr eingeschränkt umgesetzt“, heißt es in dem Papier des Kanzleramtes. „Schnittstellenprobleme mit resultierenden Kompetenzrangeleien bleiben erwartbar bestehen.“ Als unzureichend schätzt das Kanzleramt auch den Personalabbau ein. Die Zahl der Soldaten soll von 250.000 auf 185.000 Mann reduziert werden, die des Zivilpersonals von derzeit faktisch 100.000 Mitarbeitern auf etwa 65.000. Künftig nicht mehr benötigtes Personal soll nach den Plänen des Ministeriums „im Überhang“ weiterbeschäftigt werden. Darin sieht das Kanzleramt das „Risiko“, dass „für Überhangpersonal künstlich Aufgaben geschaffen werden“. Alle zum Ministerium gehörenden Dienststellen sollen laut Otremba in Berlin konzentriert werden. Das Ministerium hätte dann nur 1.800 statt derzeit 3.000 Mitarbeiter. Die verbleibenden 1.200 Stellen würden jedoch nicht wegfallen, sondern in Bonn bleiben und dort ein „Bundeswehramt“ bilden. Dies könne mit Blick auf das Bonn-Berlin-Gesetz, welches Bonn als zweiten Regierungssitz festschreibt, „kritisch hinterfragt“ werden, moniert das Kanzleramt. Bei Finanzminister Wolfgang Schäuble müsse Guttenberg um Verständnis werben, dass mehr Geld nötig sei, heißt es in dem Papier weiter. Laut der „Rheinischen Post“ vom Montag verlangt Guttenberg für die Jahre bis 2010 zusätzlich 1,2 Milliarden Euro. Stattdessen sieht die derzeit gültige Finanzplanung der Bundesregierung Einsparungen bei der Bundeswehr von 8,3 Milliarden Euro bis 2014 vor. Im Kanzleramt schlägt man deshalb eine „Streckung“ der Sparziele vor. Mit Blick auf den Sparzwang prognostiziert das Kanzleramt, dass bei der im Sommer anstehenden Entscheidung über die künftigen Bundeswehr-Standorte entgegen der Absicht Guttenbergs, in der Fläche präsent zu bleiben, deutlich weniger Standorte erforderlich sein werden. Dies werde für politischen Konfliktstoff sorgen.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 25.01.2011 um 01:00 Uhr mit den Stichworten DEU, Parteien, Militär übertragen.

We will be happy to hear your thoughts

Hinterlasse einen Kommentar