Ungarischer EU-Ratspräsident Orban will Streit um Mediengesetz vor EU-Parlament ausfechten

Ungarns Ministerpräsident und derzeitiger EU-Ratspräsident Viktor Orban hat sein umstrittenes Mediengesetz verteidigt. „Jeder Kampf muss irgendwann geführt werden. Wenn man genügend Gründe hat für ein solches Gesetz hat, dann muss man es auch durchziehen“, erklärte Orban im Interview mit der „Bild-Zeitung“ (Montagausgabe).

Seit einem Jahr habe es in Ungarn „faktisch keine Aufsicht für die Medien mehr gegeben“. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten hätten keinen Intendanten. „In unseren Medien war und ist die Verletzung der Menschenwürde tägliche Realität. Es gab keinerlei Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt und Pornographie oder antisemitischer Hetze vor allem im Internet. Unser neues Gesetz hat dieses Problem gelöst“, so Orban. Er sei entschlossen, den Streit um sein Mediengesetz auch vor dem Europäischen Parlament auszufechten. „Ich nehme den Kampf an, auch wenn meine Gegner in Ungarn und Europa gerade eine Kampagne anzetteln“, so Orban. „Ich bin Gegenwind gewohnt, schon seit der Opposition unter dem kommunistischen Regime.“ Das ungarische Mediengesetz enthalte „nicht eine Regelung, die es so nicht auch in den Gesetzen anderer EU-Staaten gäbe“. Nichts anderes werde die Prüfung durch die Europäische Kommission ergeben, „der wir uns natürlich beugen werden“, so Orban. Allerdings werde er „keine Sonderregeln für Ungarn akzeptieren, keine Diskriminierung; Regeln, die auch andere EU-Staaten im Umgang mit ihren Medien haben, werden wir uns nicht verbieten lassen.“ Der Regierungschef, der sich an diesem Mittwoch bei seiner Antrittsrede als der EU-Ratspräsident vor dem Europäischen Parlament der Kritik stellt, wehrte Vorwürfe ab, die von ihm eingerichtete Medienbehörde sei nur mit Angehörigen seiner Regierungspartei besetzt. Orban: „Die Medienbehörde ist ein Regierungsorgan, der Medienrat wird dagegen vom Parlament besetzt. Und dort hat meine Partei eine Zweidrittelmehrheit.“ Er fände es „falsch, wenn dort nach Parteienproporz Sitze vergeben würden“, so Orban. „Glauben Sie mir: Wäre die Behörde nach Parteienproporz besetzt, wäre das Geschrei nicht geringer.“ Auch die Einsetzung einer Parteifreundin als Leiterin der Behörde für neun Jahre sei in Ungarn nicht unüblich: „Der Präsident des ungarischen Rechnungshofes wird für zwölf Jahre gewählt, die Verfassungsrichter und der Generalstaatsanwalt für neun Jahre, gerade weil sie unabhängig sein sollen vom Zyklus der Neuwahlen des Parlaments.“

Diese Meldung aus Budapest/ Brüssel wurde am 16.01.2011 um 12:30 Uhr mit den Stichworten Ungarn, EU, Justiz übertragen.

We will be happy to hear your thoughts

Hinterlasse einen Kommentar