Telekom-Spitzelaffäre: Software soll automatisch Daten gespeichert haben

Bereits nach dem ersten Verhandlungstag nimmt der Prozess zur Spitzelaffäre der Deutschen Telekom AG vor dem Landgericht Bonn eine Wende. Der Hauptangeklagte und frühere Leiter der Telekom-Sicherheitsabteilung KS 3, Klaus Trzeschan, belastete den ehemaligen Telekom-Vorstandsvorsitzenden Kai-Uwe Ricke massiv: Er gab an, ihn bereits im Januar 2005 detailliert über die geplante Telefondatenüberwachung informiert zu haben. Offenbar liegen den Justizbehörden aber auch neue Erkenntnisse vor, nach denen Verbindungsdaten von Journalisten, Gewerkschaftern und Aufsichtsräten jahrelang von einer eigens dazu installierten Software quasi vollautomatisch generiert worden sein sollen.

Demnach war das für viele Telekom-Mitarbeiter frei zugängliche Software-System so eingerichtet, dass die Eingabe einer einzigen Rufnummer oder eines Namens reichte, um sämtliche Gesprächspartner zu identifizieren und Querverbindungen herzustellen. Dies sei in der Konzernführung auch bekannt gewesen. Die Telekom bestätigt den Einsatz des Systems. Nach Aufdeckung des Missbrauchs im Jahr 2008 sei die Software jedoch komplett überarbeitet und Zugriffsmöglichkeiten durch Mitarbeiter drastisch eingeschränkt worden. Ex-Telekom-Chef Ricke ließ von seinem Sprecher erklären, er habe von der Auswertung der Telefonverbindungsdaten zu keinem Zeitpunkt Kenntnis gehabt. Im Zuge der Affäre hatte die Telekom in den Jahren 2005 bis 2006 Tausende Telefondatensätze von Aufsichtsräten, Journalisten und Gewerkschaftern erhoben und auswerten lassen, um ein mögliches Leck im eigenen Aufsichtsrat aufzuspüren.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 04.09.2010 um 11:57 Uhr mit den Stichworten DEU, Telekommunikation, Kriminalität, Justiz übertragen.

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