SPD-Chef Gabriel sieht durch Guttenberg-Affäre nachhaltigen Schaden für Bundeswehr

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wirft Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor, mit seinem Verbleib im Amt der Bundeswehr nachhaltig zu schaden. „Herr zu Guttenberg ist jetzt ein Minister auf Abruf, ein Minister von Merkels Gnaden. Er ist am Kabinettstisch auf das Mitleid des Finanzministers und der Kanzlerin angewiesen, wenn er etwas für die Bundeswehr durchsetzen will“, sagte Gabriel im Interview in „Bild am Sonntag“.

„Das aber wird nicht lange halten. Damit ist der Verteidigungsminister zum Risiko für die Bundeswehr geworden“, so der SPD-Chef weiter. Eine sachliche Zusammenarbeit mit Guttenberg beim Afghanistan-Einsatz oder der Bundeswehr-Reform werde „sicher sehr, sehr schwer“, so Gabriel. Auch sich selbst tut Guttenberg laut Gabriel keinen Gefallen, „an seinem Amt zu kleben“. Der SPD-Chef: „Würde er zurücktreten, könnte er in einigen Jahren seine Karriere fortsetzen. So bleibt er für immer beschädigt und kann die so wichtigen Begriffe wie Ehre, Wahrhaftigkeit und Verantwortung nicht mehr in den Mund nehmen.“ Für die SPD sei die Doktor-Affäre nicht erledigt, weil Guttenbergs „sogenannte Entschuldigung schon wieder den Verdacht nahe legt, dass er lügt“. Der Verteidigungsminister behaupte, er habe unwissentlich Fehler gemacht. „Aber niemand kann ernsthaft glauben, dass jemand unwissentlich auf 286 von 396 Seiten seiner Doktorarbeit abschreibt. Er kann wohl sich, seiner Familie und seinen Fans seinen Betrugsversuch nicht eingestehen“, erklärte Gabriel. Der SPD-Vorsitzende mutmaßte, dass der Minister wegen seiner standesbewussten Familie einen Minderwertigkeitskomplex habe: „Herr zu Guttenberg hat keine abgeschlossene Berufsausbildung, da er das zweite Staatsexamen nicht gemacht hat. Offenbar hat er darunter gelitten, dass er trotz der großen Familientradition auf diesem Gebiet nichts vorzuweisen hat. Dieses vermeintliche Manko hat er wohl mit einem erschwindelten Doktortitel zu heilen versucht.“ Gabriel fügte hinzu: „Ich finde, das hätte er nicht nötig gehabt. Es gibt viele exzellente berufliche Werdegänge, die „nur“ mit dem ersten Jura-Staatsexamen begonnen haben.“ Neid der SPD auf die Beliebtheit Guttenbergs bestritt Gabriel: „Um Gottes Willen! Ich bin froh darüber, dass wir diese Art Volksheld bei uns nicht haben. Lieber weniger beliebte, aber dafür ehrliche Abgeordnete.“ Dass er selbst seine eigenen Doktorpläne nicht realisiert hat, bedauert Gabriel. Nach seinem ersten Staatsexamen wollte er eine Promotion über das Verhältnis der katholisch geprägten Frankfurter Zeitung und der nationalliberalen Goslarschen Zeitung zum Nationalsozialismus schreiben. Dieser Plan scheiterte an privaten und beruflichen Entwicklungen. „Meine Tochter wurde geboren und ich wollte schnell das zweite Staatsexamen machen, um Geld zu verdienen. Dann bekam ich eine Stelle in der Erwachsenen-Bildung und wenig später wurde ich Abgeordneter im Landtag. Dies alles ließ sich mit einer Promotion nicht vereinbaren. Bis heute bedauere ich das manchmal“, so Gabriel.

Diese Meldung aus Berlin wurde am 26.02.2011 um 11:37 Uhr mit den Stichworten DEU, Parteien übertragen.

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