EU-Kommission droht Frankreich mit Klage wegen Roma-Politik

Die EU-Kommission hat Frankreich wegen der Massenausweisung von Roma scharf kritisiert und mit einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gedroht. EU-Justizkommissarin Viviane Reding nannte das französische Vorgehen am Dienstag eine „Schande“ und warf zwei französischen Ministern indirekt Lügen vor. Seit Ende Juli haben die französischen Behörden auf Anweisung von Staatspräsident Nicolas Sarkozy über 100 Roma-Siedlungen aufgelöst und mehr als 1.000 Menschen in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt.

Als offizieller Grund für diese Maßnahme wird der Schutz der öffentlichen Ordnung genannt. Die EU-Kommission hatte auf diese Abschiebepraxis wochenlang mit Zurückhaltung reagiert und dafür viel Kritik, insbesondere aus dem EU-Parlament, einstecken müssen. Grund für Redings Sinneswandel ist eine Dienstanweisung von Frankreichs Innenminister Brice Hortefeux, in der die Behörden des Landes aufgefordert werden, „systematisch“ unzulässige Lager zu „zerstören“, und zwar „zuerst die der Roma“. Die Anweisung vom 5. August gilt als Beleg, dass die französischen Behörden gezielt gegen eine bestimmte ethnische Gruppe vorgehen sollten. Dies hatten der französische Europaminister Pierre Lellouche und Einwanderungsminister Eric Besson in Gesprächen mit der Kommission jedoch immer bestritten. Aufgrund der internationalen Kritik unterzeichnete Hortefeux am Montag zwar eine neue Dienstanweisung, in der die Roma nicht mehr explizit genannt werden, für die EU-Justizkommissarin kommt dies jedoch zu spät. „Ich bin überzeugt, dass die Kommission keine andere Wahl hat, als ein Vertragsverletzungsverfahren zu eröffnen.“ Nach Ansicht der Kommission verstößt die Diskriminierung einer bestimmten Volksgruppe gegen grundlegende europäische Werte.

Diese Meldung aus Brüssel wurde am 15.09.2010 um 09:34 Uhr mit den Stichworten Belgien, Frankreich, Weltpolitik, Gesellschaft übertragen.

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