„Ethiopia Reads“ – Yohannes Gebregeorgis und ein beipielhaftes Experiment

Yohannes Gebregeorgis kommt aus Äthiopien, einem Land, dessen Bürger mehrheitlich Analphabeten sind. Doch Dank des Einsatzes seines Vaters erhielt Gebregeorgis die Chance auf Bildung. Er besuchte die Schule und im Alter von erst 19 Jahren entdeckte er seine Liebe zum Buch. „Bücher retteten mein Leben“ sagt er selbst darüber.

Diese Liebe ließ ihn nicht wieder los. Anfang der achtziger Jahre emigrierte Gebregeorgis als politischer Flüchtling in die USA und studierte Literatur und Journalismus in Buffalo und machte seinen Master in Bibliothekswissenschaft  in Texas. Doch schon bald bat man ihm einen Job in der Kinderbücherei der San Francisco Public Library an. Gebregeorgis nahm an und war fort an dafür zuständig, Kinderbücher in verschiedenen Sprachen zu sammeln. Während seiner Arbeit fiel ihm auf, dass Bücher in mehr als 75 Sprachen in der Kinderbücherei vorhanden waren – aber kein einziges auf Amharisch, der Landessprache Äthiopiens.
Verwundert darüber war er angetrieben, Bücher in dieser Sprache zu finden. Doch die Suche blieb ohne Ergebnis, auch Anfragen an Verlage in Addis Abeba fanden keine Beantwortung.

Gebregeorgis gab sich damit nicht zufrieden und wollte diese Lücke schließen.  Er kam auf eine Idee, die sich 1999 mit dem Entstehen von „Ethiopia Reads“ realisieren sollte und mit welcher der Grundstein für die Lese- und Lernförderung junger äthiopischer Kinder gelegt wurde.

Zunächst machte Gebregeorgis  sich kurzerhand selbst daran, „Silly Mammo“ ein äthiopisches Märchen, auf amharisch niederzuschreiben und mit einer englischen Übersetzung zu versehen.

Während einer Reise nach Äthiopien begegnete er der Kinderbuchautorin Jane Kurtz, die ihm bei der Veröffentlichung von „Silly Mammo“ unterstütze.
Der Verkaufserlös von „Silly Mammo“ ermöglichte den Kauf verschiedener Bücher. Im Jahr 2002 war die Zahl der gesammelten Bücher bereits so angewachsen, dass Gebregeorgis 15 000 Stück nach Äthiopien verschiffen ließ.

Im selben Jahr beendete Gebregeorgis seine Anstellung in San Francisco und kehrte selbst nach Äthiopien zurück, wo er bald eine Stelle an der International Community School antreten sollte. Jedoch wolle er nicht untätig sein, während er auf den Beginn des Schuljahres wartete. So richtete er in dem Haus, was er mit seiner Familie bewohnte, im Erdgeschoss eine erste kleine Bücherei ein.

Gebregeorgis Traum erfüllte sich am 7. April 2003 mit der offiziellen Eröffnung der „Shola Children’s Library”. Mitten in einem Armenviertel ohne Freizeit- und Bildungsangebote wurde die Bibliothek rasch zu einem beliebten Anziehungspunkt. Bereits vier Jahre später besuchten etwa 60 000 Kinder im Jahr die Bibliothek, sodass diese ihren Standort wechseln musste, um größere Räumlichkeiten mit mehr Literatur und für mehr Kinder zugänglich machen zu können.

Doch bei diesem erfolgreichen Projekt allein ist es nicht geblieben. Im August diesen Jahres eröffnete „Ethiopia Reads“ die „Segenat Children and Youth Library“ in Mekele, eine gut ausgestattete Bibliothek mit 10 000 Medieneinheiten, einen Computerraum mit zehn Computern, E-Book-Readern und etwas ganz Besonderem: eine Eselkutsche, die 2 000 Bücher auch bis in die entlegensten Ecken der Region Tigray bringt

Mit „Ethiopia Reads“ ist eine großartige Idee realisiert worden. Mit dem Leitgedanken, dass Bildung der Schlüssel zur Lebensverbesserung sei, geht die Organisation beispielhaft voran. In Äthiopien, wo nur etwas 1 % aller Schulen über eine Bibliothek verfügen, sind seit der Gründung von “Ethiopia Reads” bereits 52 neue Bibliotheken im Land geschaffen worden – mit steigender Tendenz, denn Ziel ist es, eine Bibliothek pro Monat entstehen zu lassen.

Die Organisation arbeitet mit Partnerschulen zusammen und unterstützt diese mit Mobiliar, Büchern und Unterrichtsmaterialien. Ebenso bietet sie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrer und Bibliothekare in den  Bereichen Literatur und Bibliothekswesen an.

1 Comment
  1. Reply
    Werner2010 7. Oktober 2010 at 23:27

    Es gibt Helden!

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